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Frontzahnimplantat nach Wurzel­fraktur

Frontzahnimplantat nach Wurzel­fraktur

Fachartikel, Zahnmedizin

Implantologie

mg° dental

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4 MIN

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Beim heutigen Stand der Implantologie bestehen nur noch wenige Hinderungsgründe, auch älteren Menschen bei Verlust eines Zahns Implantate zu setzen [5]. Gerade bei noch weitgehend vorhandener natürlicher Bezahnung kann die implantatgestützte Restauration insbesondere die benachbarten hartgewebigen Strukturen stabilisieren und damit das Risiko weiteren Zahnverlusts reduzieren [3], weshalb implantat­prothetische ­Restaurationen für ältere Patienten empfohlen werden [2].

Fragen zum Patientenfall

Ist das Patientenalter ein Hinderungsgrund für eine Implantation?
Nicht beim heutigen Stand der Implantologie und der zur Verfügung stehenden Materialien. Bei noch vorhandener stabiler Restbezahnung vermindern Implantate zudem das Risiko eines weiteren Knochenabbaus mit darauffolgendem Zahnverlust.

Welche Rolle spielt die Ästhetik beim älteren Patienten?
Entscheidend bei der Restauration ist die Rekonstruktion des ursprünglichen, charakteristischen Zahnbilds des Patienten. Damit identifiziert er sich und so nimmt ihn sein persönliches Umfeld wahr.

Vielen Patienten gibt eine festsitzende Frontzahnversorgung ein hohes Maß an Selbstsicherheit. Die Implantatkrone fühlt sich wie der „alte“ Zahn an, während Außenstehende keinerlei altersbedingte Veränderung bemerken, weder in der Aussprache noch im individuellen oralen Erscheinungsbild. Das war auch der zentrale Wunsch der 82-jährigen Patientin: ihr charakteristisches Aussehen in der Front wiederzuherstellen, ohne dabei die Nachbarzähne zu verändern. Damit schieden eine Brücke über Zahn 22 mit Beschleifen der Nachbarzähne oder gar eine herausnehmbare Teilprothese als alternative Versorgungsoptionen schon im Vorfeld aus.
Ob in einem solchen Fall der Patientenwunsch erfüllt werden kann, lässt sich erst nach gründlicher Anamnese und Diagnose seriös voraussagen, um eventuelle – allgemeinmedizinische (wie Dauermedikation oder systemische Erkrankungen) oder implantatspezifische – Behandlungsrisiken als beherrschbar einschätzen oder gänzlich ausschließen zu können. Gleiches gilt für altersbezogene psychische oder physiologische Veränderungen, die eine entsprechende Hygiene beeinträchtigen [6] und in der Folge Mukositiden oder Periimplantiden auslösen können.

Diagnose und Planung
Bei der Patientin lagen jedoch keine der genannten Risiken vor. Die Patientin war ausgesprochen vital, ihr Allgemeinzustand erfreulich gut, ihre Zahnpflege vorbildlich und ihre Recall-Termine hielt sie exakt ein. Ihre implantatprothetische Restauration im rechten Oberkiefer war komplikationsfrei in situ.
Als bei der Patientin Zahn 22 aufgrund einer vertikalen Wurzelfraktur extrahiert werden musste, kam für sie daher nur eine bedingt abnehmbare und gut pflegebare implantatprothetische Versorgung infrage. Aufgrund der mesio-distalen und oro-vestibulären Ausdehnung der Schaltlücke wurde die Insertion eines 3,3?mm Camlog Progressive-Line Implantats von 13?mm Länge vorgesehen. Damit blieb zirkulär auch ohne zusätzliche und damit risikobehaftete augmentative Maßnahmen ausreichend Knochenvolumen für die Etablierung der biologischen Breite erhalten [10]. Zudem konnte das Implantat aufgrund seiner Tube-in-Tube-Innenverbindung implantat-knochenbündig inseriert werden. Die Versorgung mit einem durchmesserreduzierten Implantat wie dem 3,3?mm Progressive-Line kann nach evidenzbasierter Studienlage als gesichert betrachtet werden [1,?4,?8].

Implantation
Drei Monate nach der Extraktion zeigten sich entzündungsfrei aus- und abgeheilte hart- und weichgewebige Strukturen, sodass die Implantation erfolgen konnte. Mit einer Orientierungsschablone wurde die Implantatposition markiert. Um bei der Präparation des Implantatbetts ein Aufsetzen des Winkelstücks auf den dominanten mittleren Schneidezahn zu vermeiden, wurde eine entsprechende Bohrerverlängerung verwendet. Die Implantation erfolgte frei Hand in leicht palatinaler Position [7]. Das Risiko konvergenter Wurzeln, wie sie im Frontzahnbereich auftreten können, bestand nicht. Das selbstschneidende Implantat mit seinem knochenkondensierenden Gewindedesign verfügt über einen konisch ausgeformten apikalen Bereich, der eine hohe initiale Primärstabilität auch in weichem Knochen ermöglicht. Mit seinem 0,4?mm hohen maschinierten Implantathals konnte das Implantat epikrestal eingebracht werden. (Abb.1 bis 8)

Prothetische Versorgung
Das Provisorium wurde anhand der Situationsabformung über eine Tiefziehschiene auf dem entsprechend gekürzten provisorischen Abutment aus dem Camlog-Prothetiksortiment angefertigt und entsprach damit dem ursprünglichen Zahn 22 (Abb.9 bis 16).

Nach dreimonatiger Tragedauer und hinreichender Stabilisierung des Weichgewebes wurde das Provisorium entfernt und eine offene Abformung für die definitive, verschraubte Versorgung mit einem individuellen CAD/CAM-Zirkonoxid-Abutment auf der Camlog Ti-Base und einer Lithiumdisilikat-Krone (IPS e.max, Ivoclar Vivadent) genommen. Die Fertigung der prothetischen Komponenten erfolgte im praxiseigenen Meisterlabor im CAD/CAM-Verfahren (Abb. 17 bis 24).