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Logische Konsequenz: Teamperformance

Logische Konsequenz: Teamperformance

Fachartikel, Zahnmedizin

Prothetik & Ästhetik

mg° dental

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9 MIN

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Bei einer Komplettsanierung der Zähne in Ober- und Unterkiefer ist ein Vorgehen unverzichtbar, bei dem das prothetische Arbeits­team, bestehend aus Zahnarzt und Zahntechniker, konzeptionell und eng vernetzt agiert. Trotz aller digitalen Technologien ist die Teamperformance nach wie vor primärer Erfolgsfaktor. Planung, Materialwahl, therapeutische Versorgung, definitive Umsetzung und Eingliederung – alle Maßnahmen folgen einem Konzept, bei dem sich wohlüberlegt ein Schritt an den anderen reiht. Das Autorenteam stellt anhand eines Patientenfalls ein eingespieltes Vorgehen dar.

Frage an die Autoren
Welche Bedeutung hat das Mock-up in Ihrem Behandlungskonzept?

Wir arbeiten seit Jahren mit Mock-ups, weil wir damit präzise Hinweise hinsichtlich Funktion, Bisslage – und im Frontzahnbereich auch hinsichtlich Phonetik und Ästhetik – erhalten. Das Mock-up dient als Blaupause für die finale Restauration und liefert Sicherheit sowohl für das Behandlungsteam als auch für den Patienten. Seit einiger Zeit nutzen wir für die „Probefahrt“ auch Click-Schienen statt Mock-ups. Während das Mock-up im Mund befestigt werden muss, ist die Click-Schiene herausnehmbar. Sie besteht aus einem im Vergleich zum Mock-up elastischeren Material (Bio-Dentaplast, bredent) und wird über den Zahnäquator „eingeklickt“. Das hat den Vorteil, dass der Patient sowohl die Zähne als auch die Click-Schiene besser reinigen kann.

„Beherrsche die Prozesse, dann wirst du nicht von Prozessen beherrscht!“ Gerade bei komplexen Herausforderungen ist dieser Leitsatz eine Erfolgsgrundlage und trifft für viele Bereiche in der Zahnmedizin und Zahntechnik zu.
Ein durchdachtes Prozessmanagement umfasst die Analyse und Diagnostik sowie die Planung und die Umsetzung. Idealerweise erfolgt im Anschluss eine Auswertung im Team – eine Art Controlling –, bei der das Vorgehen bewertet wird, um Abläufe optimieren zu können. Im Mittelpunkt des Prozess­managements steht die Frage: Wer macht was, wann und mit welchen Ressourcen? Insbesondere bei komplexen prothe­tischen Rehabilitatio­nen wird der Wert eines guten Prozessmanagements deutlich. Die Therapieschritte sind aufeinander abzustimmen; wie bei einem Leit­faden folgt ein Schritt dem anderen. Gerade bei Komplettsanierungen kann ohne ein ausgereiftes Konzept schnell eine unübersichtliche Situation entstehen. Anhand des nachfolgend dokumentierten Patientenfalls wird ein Weg dargestellt, der sich im Lauf der Zeit gut bewährt hat. Denn auch wenn sich Fertigungstechnologien und Materia­lien immer wieder verändern, bleibt der grundlegende Ablauf der einzelnen Therapieschritte gleich.

Ausgangssituation
Der 50-jährige Patient konsultierte die Zahnarztpraxis aufgrund funktioneller Probleme. Seit zwei Jahren trägt er eine Schnarcherschiene. Diese hatte er im Internet bestellt und selbst – ohne zahnärztliche Intervention entsprechend den Vorgaben des Anbieters – angepasst. Innerhalb der zweijährigen Tragezeit veränderte sich die Bisssituation massiv (Abb.?1 und 2a, b). Nun wünschte der Patient eine funktionell-ästhetische Wiederherstellung. Beim Erstgespräch zeigte sich eine große Skepsis des Patienten gegenüber allen genannten Therapievorschlägen. Prothetische Restaurationen wollte er anfangs nur von einem Labor gefertigt haben, das ihm von der Krankenkasse empfohlen worden war. Dabei handelte es sich um Importzahnersatz aus China. Nach einigen Vorgesprächen und einer Beratung zusammen im prothetischen Arbeitsteam konnten ihm die Vorteile der Zusammenarbeit mit einem kompetenten Dentallabor vor Ort verdeutlicht werden. Es baute sich ein Vertrauensverhältnis auf, und ein Therapieweg konnte festgelegt werden.

Diagnostik
Bei der ersten klinischen Diagnostik zeigten sich ein stark abradierter Molarenbereich sowie eine Nonokklusion (siehe Abb. 2a und?b). Lediglich an den Zähnen 37 und 47 war marginal ein Okklusionskontakt erkennbar. Beißen beziehungsweise Nahrung zerkleinern konnte der Patient nur noch mit den Frontzähnen. ­­
Die Zähne hatten aufgrund der Fehlbelastung eine intru­dierte Stellung. Zudem waren die Zähne im Ober- und Unterkiefer mit teilweise insuffizienten Kronen sowie diversen Füllungen versorgt. Im Bereich der Zahnhälse imponierten teilweise Mulden beziehungsweise Keile. Solche nicht karies­bedingten Zahnhalsdefekte sind häufig bei funktionellen Überbelastungen zu beobachten. Die sogenannten Abfrak­tionen sind wahrscheinlich auf exzentrische biomechanische Kräfte infolge der nicht fachgerecht hergestellten Schnarcherschiene zurückzuführen. Nicht nur funktionell war die Situation für den Patienten unbefriedigend. Auch aus ästhetischer Sicht wünschte er sich eine Verbesserung. Die funktionsanalytische Untersuchung zeigte bezüglich der Kiefer­gelenke und der Kaumuskulatur keine auffälligen Befunde. Behandlungsziel waren eine kaufunktionell stabile und gesicherte Okklusion sowie eine deutlich verbesserte Ästhetik.

Grundlegende Gedanken zur Planung
Der nichtkario?se Verlust an Zahnhartsubstanz und der damit oft einhergehende Verlust der vertikalen Dimension ist ein in der Praxis immer häufiger auftretendes Phänomen. Für die Therapie bedarf es des Wissens um die Ätiologie des Sub­stanzverlusts. Zudem ist eine funktionelle Dia­gnostik wichtig, um etwaige Schäden über den Substanzverlust hinaus erkennen und behandeln zu können. Erst nach der Dia­gnostik und einer adäquaten funktio­nellen Vorbehandlung wird der geeignete Zeitpunkt für die Umsetzung der definitiven Restauration festgelegt. Ziel im vorliegenden Fall war es, den Zahnhartsubstanzverlust mit vollkeramischen Restaurationen auszugleichen, einen Pulpa­schutz zu schaffen und zugleich Kaufunktion und Ästhetik wiederherzustellen.

Geplanter Therapieweg
Üblicherweise gestaltet sich die Rekon­struktion eines derart abradierten Gebisses mit einer Teil- oder kompletten Überkronung der betroffenen Zähne. In diesem Fall wurde die Komplettsanierung aller Zähne geplant. Zum einen waren die Zähne vorbehandelt (restaurativ sowie prothetisch); zum anderen betonte der Patient, dass er ein einheitliches ästhe­tisches Ergebnis wünschte und idealerweise nur mit einem Material gearbeitet werden sollte. Zudem sollte die Restauration kostengünstig sein. Eine Veneerversorgung im unteren Frontzahnbereich im Sinne eines minimalinvasiven Vorgehens wurde diskutiert, stellte sich jedoch, unter anderem aufgrund der funktionellen Beanspruchung sowie des Wunsches nach einem einheitlichen Material, als schwierig dar. Daher fiel die Entscheidung für mono­lithische Zirkonoxid-Kronen. Zuvor sollte die funktionelle Situation während einer therapeutischen Phase stabilisiert werden.

Materialwahl
Der Materialwahl als wichtigem Bestandteil der Planung liegen diverse Faktoren zugrunde. In diesem Fall sollten aus zuvor genannten Gründen monolithische Zirkon­oxid-Restaurationen gefertigt werden. Das Kostenbewusstsein des Patien­ten sollte jedoch nicht zulasten der Ästhe­tik gehen. Daher fiel die Entscheidung für ein Multilayer-Zirkonoxid mit extrem hoher Transluzenz – 53?Prozent in den transluzenten Schichten (dds zirconia ut-multi-layered, digital dental solutions), das zugleich eine abgestufte Biegefestigkeit von ??1050 MPa in der zervikalen und ??700 MPa in der inzisalen Schicht aufweist.
Primär sprachen zwei Gründe für dieses Material. Zum einen hat das Zirkonoxid eine für diese Indikation optimale Biegefestigkeit. Andererseits sind ideale lichtoptische Eigenschaften durch die sehr natürlich wirkende Transluzenz gegeben. Um im Frontzahnbereich die Ästhetik zusätzlich zu individualisieren, sollte eine labiale Mini­malverblendung nach einem Cut-back (0,2?–?0,3?mm) erfolgen.

Initiale Phase: Vorbehandlung
Bei einem Verlust der vertikalen Bisshöhe sind flankierende präventive Maßnahmen die Stützpfeiler jeder rekonstruktiven Therapie. Auch in diesem Fall sollte erst nach der Stabilisierung der Situation mit der restaurativen Therapie begonnen werden. Die primäre Dia­gnostik umfasste unter anderem einen kompletten Fotostatus, die gemeinsame Auswertung der Situa­tionsmodelle sowie einen Funktions­status.
Um den Patienten funktionell in seinen physiologischen Biss zurückzuführen und die Situation zu stabilisieren, wurden zunächst verblockte Tabletops aus PMMA für die Seitenzähne gefertigt (Abb.3a, b und 4a, b). Diese konnten dem Patienten ohne jedwede vorherige invasive Maßnahme eingegliedert werden. Nach einer Übergangszeit von etwa sechs Monaten sollte die therapeutische Phase (Langzeitprovisorien) beginnen. Zuvor erfolgten eine Zahnreinigung sowie eine Parodontitisbehandlung. Ebenso musste an einem Zahn eine endodontische Versorgung vorgenommen werden. Zahn 18 wurde extrahiert.

Therapeutische Phase: Langzeitprovisorien
Bereits nach wenigen Wochen stabili­sierte sich die Situation. Es folgten die Abformung der Situation mit den Table­tops sowie eine Bissregistrierung. Auf dieser Basis sollten Eierschalenprovi­sorien für die Überkronung aller Zähne gefertigt werden, die als Langzeitprovisorien mehrere wichtige Funktionen erfüllen.

Eierschalenprovisorium – digital und analog kombiniert
Im ersten Schritt wurde das Situa­tionsmodell als Sägemodell umgearbeitet und die einzelnen Zähne wurden in Gips präpariert (Abb.5a und b). Ein Kontrollschlüssel der so vorbereiteten Zähne bot entsprechende Anhaltspunkte für die spätere intraorale Präparation der Zähne. Das Modell wurde digitalisiert (Abb.6), die Daten wurden in die Konstruktionssoftware importiert und das Mock-up wurde erstellt (Abb.7). Es umfasste alle konzeptionellen Gedanken hinsichtlich Form, Funktion und Ästhetik. Basierend auf dem digitalen Mock-up wurden provisorische Kronen (Schalenprovisorien aus PMMA) für alle Zähne im Ober- und Unterkiefer angefertigt (Abb.8a und b).

Präparation der Zähne
Die Zähne wurden für die Aufnahme der provisorischen Kronen präpariert. Der Kontrollschlüssel diente bei der Präpara­tion als Hilfsmittel. Auf diese Weise konnte sichergestellt werden, dass die Kronen, die im Labor auf dem präparierten Gipsmodell gefertigt worden waren, auch intra­oral problemlos eingegliedert werden konnten.
Die provisorischen Kronen glichen in ihrer Funktion einer therapeutischen Schiene (Abb.9a und b). Der Patient erhielt einen direkten Eindruck vom anzustrebenden Ergebnis. Eine solche Visua­lisierung ist erfahrungsgemäß ein wichtiges, motivierendes Medium zur Kommunika­tion mit dem Patienten.
Während der folgenden Monate stabilisierte sich die Bisssituation; es traten keine funktionellen Beschwerden auf. Sowohl die objektiven als auch die subjektiven funktionellen und ästhetischen Parameter konnten anhand der therapeutischen Restauration evaluiert werden. Der Patient fühlte sich wohl und war mit der ästhetischen Ausführung zufrieden. Somit konnte mit der finalen Versorgung begonnen werden.

Finale Phase: Definitive Restauration
Logische Konsequenz aus der therapeutisch erarbeiteten Situation war die Umsetzung in die definitive Restauration.

Stützstiftregistrierung
Um die okklusalen Gegebenheiten beziehungsweise die korrekte dreidimensionale Beziehung zwischen Ober- und Unterkiefer zu validieren und die pa­tientenindividuelle zentrische Relation abzugreifen, erfolgte eine Stützstiftregistrierung (Centric Guide, theratec). Nach Abnahme der Provisorien wurden das Gesichtsbogen­registrat und je Kiefer eine individuelle Registrierschablone gefertigt (Abb.10a?

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