Die ästhetisch langzeitstabile implantatprothetische Rehabilitation eines oberen Frontzahns ist auch für einen erfahrenen Operateur kein Routinejob. Zu verschieden ist die jeweilige patientenindividuelle Ausgangssituation der Hart- und Weichgewebe, der Zähne und der Okklusion. Andererseits erwartet der Patient ein funktional und ästhetisch optimales Ergebnis bei minimalem Zeitaufwand. Dafür bedarf es nicht nur hinreichender Empirie des Operateurs und der vertrauensvollen Kooperation mit dem prothetisch tätigen Kollegen. Gestützt auf entsprechende digitale Tools, kann der Operateur bei signifikant verkürzter Behandlungsdauer und mit einem minimalinvasiven Eingriff optimale Voraussetzungen für das vom Zuweiser geplante Endergebnis schaffen.
Frage zur Sofortversorgung
Welche Vorausetzungen braucht es patientenseitig, damit das beschriebene Vorgehen in der ästhetischen Zone gelingt?
Dr.?Alexander Volkmann: Wichtig ist die Empathie des Behandlerteams, damit der Patient die Recallempfehlungen des Teams als zahngesundheitserhaltend empfindet. Dafür ist neben dem regelmäßigen zahnärztlichen Recall eine konsequente häusliche Zahn- beziehungsweise Implantatpflege mit den entsprechenden Hilfsmitteln unumgänglich. In deren richtiger Anwendung muss zuvor sorgfältig und bei Bedarf auch geduldig unterwiesen werden.
Entscheidend ist, dass die angestrebte periimplantäre Situation im Sinne eines prothetisch-chirurgischen Gesamtkonzepts bereits in die präimplantologische Planung einfließt. Planungsgrundlagen sind seitens des Chirurgen eine exakte Situationsanalyse, ein tiefes Verständnis der möglichen biologischen Reaktionen des Hart- und Weichgewebes und daraus abgeleitet die dreidimensional korrekte Positionierung des Implantats sowie seitens des prothetisch tätigen Kollegen entsprechende, fallspezifisch notwendige Vorarbeiten.
Fallspezifische Entscheidungskriterien
Im Rahmen einer geplanten Komplettsanierung im Ober- und Unterkiefer war die 58-jährige Patientin zur implantologischen Beratung überwiesen worden. Zahn?11 war infolge einer externen Resorption nach einem Trauma nicht mehr erhaltungswürdig, und eine Brückenversorgung kam für die Patientin nicht in Betracht. Aufgrund der Pathologie fiel die Entscheidung auf eine Frühimplantation etwa sechs Wochen nach Extraktion. In der Regel ist zu diesem Zeitpunkt hinreichend Weichgewebe mit Bildung keratinisierter Mukosa abgeheilt, was wiederum einen spannungsfreien Wundverschluss begünstigt. Das knöcherne Remodeling der Alveole ist noch nicht abgeschlossen [1] und eventuell notwendige augmentative Maßnahmen können sicher durchgeführt werden. Eine noch spätere Implantation würde das Risiko erheblicher horizontaler und vertikaler Knochenverluste mit dann umfangreicheren Augmentationen in sich bergen.
Für die Patientin war der Hinweis, dass nach der Extraktion lediglich ein weiterer Termin für die Implantation einschließlich der sofortigen provisorischen Versorgung notwendig sei, der ausschlaggebende Grund, in den implantatchirurgischen Eingriff einzuwilligen. Daraufhin wurde noch in derselben Sitzung eine digitale Volumentomografie (DVT) für die Implantatplanung durchgeführt, die Situation abgeformt und die Patientin für die Extraktion an ihren Hauszahnarzt zurück überwiesen.
Extraktion und Socket Preservation
Bei der Extraktion kommt es darauf an, dass die bukkale Lamelle unversehrt bleibt. Dann kann die Extraktionsalveole im Sinne einer Socket Preservation mit Knochenersatzmaterial (Bio-Oss Collagen, Geistlich) verfüllt werden, um postimplantologische Gewebeveränderungen möglichst in Grenzen zu halten [6]. Bis zur Implantation trug die Patienten eine ästhetisch unauffällige, drahtklammerfreie Interimsprothese (Valplast, Weithas) (Abb.1 bis 3).
- Termin: Präimplantologische Schritte
In dieser Phase kann die Implantatposition in regio 21 virtuell geplant und die nötigen Komponenten Bohrschablone für eine Fully guided-Implantation und das Provisorium für die Sofortversorgung können hergestellt werden. Dazu wird die DVT-Aufnahme mit den Scandaten der Situationsabformung gematcht und in eine entsprechend geeignete Planungssoftware (smop, swissmeda) eingelesen.
Die Positionierung des Implantats ist ein entscheidender Punkt für das Erreichen des gewünschten ästhetischen Erfolgs. Das Implantat, hier ein Screw Line Promote plus 3,8 x 13?mm (Camlog), wird daher mesiodistal, koronoapikal und orofazial in das sogenannte ästhetische Fenster leicht palatinal mit jeweils 1,5??mm Abstand zu den Nachbarzähnen und der Implantatschulter auf Knochenniveau positioniert [4,?5]. Mit solch einer exakt anatomisch orientierten dreidimensionalen Positionierung des Implantats werden Weichgewebsrezessionen und gräuliches Durchschimmern des Implantatkörpers weitestgehend unterbunden sowie eine stabile knöcherne Unterstützung der Papillen [3] und die angestrebte palatinal verschraubte Suprakonstruktion ermöglicht. Nachträgliche chirurgische Eingriffe zur Deckung würden erhebliche ästhetische Risiken in sich tragen [2]. Ein zu weit palatinal positioniertes Implantat wiederum erforderte die Konstruktion einer bauchigen und damit schwer zu reinigenden Krone (ridge-lap design) (Abb.4 bis 7).
Die zahngelagerte Bohrschablone für die Fully guided-Implantation dabei werden die gesamte Aufbereitung des Bohrstollens sowie die Implantatinsertion durch die Schablone durchgeführt wurde aus dem generierten Datensatz heraus im additiven Verfahren hergestellt. Über die Bohrschablone wird die digital festgelegte, dreidimensionale Implantatposition in den klinischen Workflow sicher und präzise transferiert [7].
Die Gestaltung und frästechnische Herstellung der provisorischen Krone erfolgte durch Dedicam, den Scan & Design Service sowie die Fertigungsdienstleistung von Camlog, auf der Grundlage des Datensatzes aus der Planungssoftware. In Absprache mit dem Zuweiser sollte die Krone im Hinblick auf eine behutsame Ausbildung der Interdentalpapille am Kronenhals mesial schlanker gestaltet werden. Mit der Titanbasis CAD/CAM-Krone (Camlog) temporär verklebt, wird im Sinne des One-abutment-one-time-Verfahrens die periimplantäre Mukosa nicht mehr durch einen Abutmentwechsel irritiert, und der Zuweiser kann zudem das Weichgewebemanagement auf Abutmentniveau durchführen (Abb.8 bis 11). - Termin: Implantation und Versorgung
Vor dem chirurgischen Eingriff wird die Bohrschablone auf den Zähnen fixiert und auf ihre exakte klinische Übertragung der virtuell geplanten Implantatposition im Patientenmund überprüft.
Die Aufbereitung des Bohrstollens und die Insertion des Implantats erfolgen gemäß Protokoll durch die zahn- und damit spielfrei gelagerte Bohrschablone hindurch. Vor dem Eingriff wird die Gingiva lediglich mit einer minimalen Kamminzision geöffnet. Da somit die Implantation minimalinvasiv ohne Lappenbildung und vertikale Entlastungsinzisionen erfolgt, werden Irritationen des Weichgewebes und mögliche Narbenbildungen vermieden [2], ein entscheidender Parameter für eine ästhetisch ansprechende Prothetik insbesondere im sichtbaren Frontzahnbereich. Für den Patienten verläuft die Implantation in aller Regel weitestgehend schmerzfrei.
Das Implantat wird final mit der Handratsche bei 30?Ncm eingebracht, wobei die Markierung in der Hülse die exakte Positionierung erleichtert. Der Spalt zur bukkalen Lamelle hin wird mit Bohrspänen und Knochenersatzmaterial aufgefüllt.
Mit der Fixierung der provisorischen Krone mit 20 Ncm und dem Verschließen des Schraubkanals ist die Sitzung beendet und die Patientin wird lediglich noch zum Recall einbestellt. Die definitive Versorgung nimmt der Hauszahnarzt vor (Abb.12 bis 25).
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