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DGZS meets EADSM: Zahnärztliche Schlafmedizin ohne Grenzen

DGZS meets EADSM: Zahnärztliche Schlafmedizin ohne Grenzen

Events , Zahnmedizin

Nachbericht

mg° dental

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12 MIN

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erschienen in DZW

Oralmedizin kompakt – Bericht: 23. DGZS-Symposium mit der Jahrestagung der EADSM

Am 8. und 9. September 2023 tagten Deutschlands Schlafzahnmediziner gemeinsam mit internationalen Kollegen in Düsseldorf. Unter dem Motto „Zahnärztliche Schlafmedizin ohne Grenzen“ kamen Experten der Deutschen Gesellschaft Zahnärztliche Schlafmedizin (DGZS) und der European Academy of Dental Sleep Medicine (EADSM) für zwei Tage für einen bilingualen Kongress zusammen. Die Tagung war aufgrund des Einstiegskurses für zahnärztliche Schlafmedizin auch für Neulinge auf dem Gebiet gut nutzbar. Erfahrene Kollegen erhielten aufgrund der vielfältigen Themen, die die Kongressorganisatoren ins Programm gepackt hatten, sehr viel Input und neue Impulse.

Kurz und klar

  • Schlafstörungen sind weltweit sehr verbreitet. Die Therapiebedarfe sind hoch.
  • Die obstruktive Schlafapnoe (OSA) steht mit oralen und systemischen Erkrankungen in Zusammenhang.
  • Zahnmediziner, die sich für den Bereich Schlafzahnmedizin interessieren, sollten sich umfassend weiterbilden, um den vielen Aspekten im Zusammenhang mit gestörtem Schlaf gerecht zu werden.
  • Der Aufbau eines interdisziplinären Netzwerks aus Schlafmedizinern, HNO-Ärzten, CMD-Spezialisten und Physiotherapeuten ist für schlafzahnmedizinisch tätige Kollegen wichtig.
  • Eine UPS-Therapie kann Nebenwirkungen wie Zahnstellungsänderungen haben.
  • Bei der Abrechnung der UPS als gesetzliche Krankenkassenleistung kann es Fallstricke geben, wenn die Verordnung durch einen Schlaf­mediziner nicht vorliegt.

Schlafstörungen sind ein ­pandemisches Problem

Die Direktorin des wissenschaftlichen Komitees der EADSM Dr. dent. Miche De Meyer aus Gent, Belgien, stellte Zahlen vor, nach denen Schlafstörungen ein pandemisches Problem sind. Demnach schnarchen vier bis fünf Milliarden Menschen weltweit. Unter einer obstruktiven Schlafapnoe (OSA) litten etwa eine Milliarde Menschen. Die Leitsymptome der OSA sind Schnarchen, Bluthochdruck, Tagesmüdigkeit und nicht erholsamer Schlaf.

Der Schlafbruxismus betreffe 12,8 Prozent der Weltbevölkerung, was ebenfalls etwa einer Milliarde Menschen entspricht. Der Medizingeräte- und Pharmaindustrie bescherten die Schlafstörungen der Weltbevölkerung im Jahr 2021 einen Umsatz von 6,14 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2028 schätzen Branchenkenner die Umsätze an oralen Geräten, Nasenmasken und Medikamenten zur Behandlung von Schlafstörungen auf 9,86 Milliarden US-Dollar [1].

Schlafzahnmedizin – Zahlen für Deutschland

In Deutschland werden schlafbezogene Atemstörungen mit 8 bis 26 Prozent der Bevölkerung angegeben, informierte Dr. Emil Krumholz, Mitglied des Vorstands der DGZS und niedergelassen in Frankfurt, die Zuhörer in seinem Einführungsvortrag zur zahnärztlichen Schlafmedizin. Diese beträchtliche Zahl an Betroffenen trifft auf Schlafmediziner mit langen Wartezeiten für eine Untersuchung im Schlaflabor und auf bisher nur ­wenige umfassend fortgebildete Zahnmediziner. Die 2008 gegründete zahnmedizinische Fachgesellschaft verzeichnet mittlerweile ­etwa 1.600 Mitglieder, zertifiziert durch die DGZS sind bislang le­diglich etwa 150 Mitglieder. Im ­vergangenen Jahr seien rund 20.000 Unterkieferprotrusionsschienen (UPS) eingesetzt worden, wie Dr. Claus Klingeberg, erster Vorsitzender des Vorstands der DGZS und niedergelassen in Aerzen, in seiner Begrüßungsrede sagte.

UPS als Kassenleistung

Seit Ende 2021 kann die Behandlung mit einer Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) bei leichter bis mittelgradiger obstruktiver Schlafapnoe zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Kurz zuvor erschien die S1-Leitlinie zur zahnärztlichen Behandlung von Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe unter dem Titel „Die Unterkieferprotrusionsschiene (UPS): Anwendung in der zahnärztlichen Schlafmedizin beim Erwachsenen“ [10].

Die Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) hatte die Behandlung der Schlafapnoe mit UPS als zahnärztliche Vertragsleistung angeregt und beantragt, denn viele Patienten kommen mit dem nächtlichen Tragen der CPAP-Maske und der damit verbundenen Überdruckbehandlung nicht zurecht (CPAP = continuous positive airway pressure/kontinuierlicher Atemwegsüberdruck).

Die UPS-Therapie weist gegenüber der Positivdrucktherapie eine höhere Adhärenz auf und ist dadurch in ihrer Effektivität mit der CPAP-Therapie vergleichbar [11, 12]. Dennoch stellt die UPS in Deutschland eine Zweitlinientherapie nach Intoleranz oder Versagen der CPAP-Therapie dar.

Die zahnärztliche Erstellung einer UPS erfordert daher eine vorherige ärztliche Verordnung von einem Schlafmediziner. Setzten Zahnmediziner von sich aus eine solche Schiene ohne vorherige Vorstellung des Patienten beim Schlafmediziner nebst Verordnung einer UPS ein, ist dieses Vorgehen im Grunde nicht rechtssicher und könnte Regressforderungen der Krankenkassen nach sich ziehen.

UPS-Therapie: Wissen ­reduziert ­Nebenwirkungen­

Die Wirkung einer UPS beruht überwiegend auf der Vorverlagerung des Unterkiefers. Die dadurch vermittelte Spannung der suprahyoidalen Gewebe vergrößern und stabilisieren das Lumen für die Atemwege auf Höhe des Velums, des Zungengrundes und der Epiglottis [8]. Das regelmäßige Tragen einer UPS kann allerdings zu Zahnstellungsänderungen führen, die nicht reversibel sein können.

Anton Kares stellte auf dem Symposium die Ergebnisse seiner Dissertation vor, in der er solche Zahnstellungsänderungen bei der UPS-Therapie anhand digital überlagerter Modelle über einen Zeitraum von zwei Jahren beobachtet hat. Er fand unter anderem, dass die UK-Frontzähne häufig intrudieren und nach vestibulär inklinieren, während die OK-Frontzähne nach oral inklinieren. Der Overjet und Overbite verringere sich somit, wie andere Studien bereits gezeigt haben [9]. Es könne ebenfalls eine Bissöffnung im Seitenzahnbereich und /oder eine Erweiterung der Approximalräume auftreten. Nebenwirkungen einer UPS-Therapie sind geringer, je besser der Behandler schlafzahnmedizinisch ausgebildet ist. Insgesamt empfahl Kares eine individuelle Einschätzung der Nebenwirkungen vor allem bei Klasse-III-Patienten.

Die Patienten sollten über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt werden und eine Einwilligung zur UPS-Therapie unterschreiben. Er empfahl neben regelmäßigen Recalls, die Protrusion und die vertikale Sperrung möglichst gering zu halten, das steigere auch die Adhärenz der Patienten in die Therapie. Ein adjustierter Front-Jig („Guten-Morgen-Schiene“) mit Übungen zur Kiefergymnastik an jedem Morgen nach dem Herausnehmen der UPS reduziere ebenfalls Okklusionsveränderungen.

Aufbau eines ­interdisziplinären Netzwerks unverzichtbar

Für eine korrekte Diagnosestellung, Therapie und Nachsorge, die dem interdisziplinären Gepräge der Schlafzahnmedizin gerecht wird und eine nebenwirkungsarme UPS-Therapie für Patienten ermöglicht, ist eine umfassende Fortbildung unverzichtbar. Die DGZMK/APW bietet seit Erscheinen der S1-Leitlinie [10] das Curriculum „Zahnärztliche Schlafmedizin“ in einer vollständigen Überarbeitung an vier Wochenenden an.

Der Wunsch nach klaren Fortbildungsstandards und Networking wurde auf der Tagung nicht nur von den deutschen, sondern auch von den internationalen Referenten geäußert. Die Standards in der Therapie, der Weiterbildung, wie auch der Abrechnung sind in den von den Referenten auf der Tagung repräsentierten Ländern sehr unterschiedlich.

Dr. Kerstin Albrecht, Düsseldorf

Hinweis: Im Bericht genannte behandlungsbezogene Empfehlungen beruhen auf Informationen aus den Vorträgen und unterliegen mög­lichen Irrtümern bei der Wieder­gabe. Sie können in keinem Fall die klinische Einschätzung der Leser ­ersetzen und müssen eigenverantwortlich geprüft werden. Details enthält gegebenenfalls die Literatur.

Titelbild: Maksym Povozniuk – stock.adobe.com

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