Das Buch Keramische Verblendschalen von David A.?Garber, Ronald E.?Goldstein und Ronald A.?Feinmann (Quintessenz Verlag 1989) prägte das prothetisch-restaurative Vorgehen des Autorenteams. Aufbauend auf den Studien von Simonsen und Calamia, die zeigten, dass die Behandlung angeätzter keramischer Veneers mit einem Silanhaftvermittler sowie die Schmelzätzung des präparierten Zahns beim Verkleben mittels Kompositzement einen extrem festen chemischen Verbund erzielen, wurde es möglich, Zähne minimalinvasiv zu rekonstruieren.
Frage an den Autor
Nach der Eingliederung von Kronen, Brücken oder Inlays muss oft noch eingeschliffen werden. Wie geht man bei der Eingliederung vor, um dies zu verhindern?
Dr. Diether Reusch: 1. Nach der Präparation: Der Zahnarzt sollte mit Shimstock-Folie ein Okklusionsprotokoll erstellen und dieses an den Zahntechniker übermitteln. Der Zahntechniker wiederum sollte nach der Modellherstellung und Artikulatormontage ebenfalls ein Okklusionsprotokoll erstellen und an den Zahnarzt übermitteln. Stimmen die Protokolle nicht überein, muss der Zahntechniker vorsichtig an den Modellen einschleifen bis Patienten- und Modellprotokoll übereinstimmen. 2. Vor der Einprobe: Der Zahnarzt sollte ein Okklusionsprotokoll an den benachbarten Zähnen der Präparationsstümpfe mit Shimstock-Folie fertigen. Das Werkstück wird einprobiert. Falls die Nachbarzähne Kontakte verlieren, muss das Werkstück eingeschiffen werden, bis die Kontakte der Nachbarzähne analog dem Okklusionsprotokoll wieder vorhanden sind.
Faszination wie alles begann
1990 veranstaltete die Fortbildungsakademie Westerburger Kontakte das erste Seminar Kronen, Inlays und Verblendschalen aus Keramik mit Zahntechnikermeister Arnold Wohlwend, dem Entwickler der Presskeramik, sowie dem Zahntechnikermeister Paul Gerd Lenze. Seitdem findet das Seminar zweimal pro Jahr statt bislang 58 Mal. Für uns war und ist es immer noch faszinierend, dass wir hier eine Keramik verwenden können, die wie eine Goldlegierung zu verarbeiten ist: Die Krone wird im Artikulator gewachst, eingebettet und gepresst. Diese Technologie hat für uns über fast drei Jahrzehnte ihre Faszination behalten.
Magne und Belser beschreiben in ihrem Buch Adhäsiv befestigte Keramikrestaurationen, dass präparierte Zahnstümpfe 100 % ihrer ursprünglichen Festigkeit erlangen, wenn der fehlende Schmelz mittels entsprechend behandelter Keramikschalen sowie schmelz- und dentinadhäsiver Befestigung versorgt wird.
A.?Krummel, A.?Garling, M.?Sasse und M.?Kern, Christian-Albrechts-Universität Kiel, zeigen in einer Studie, dass die Therapie mit adhäsiv befestigten okklusalen Veneers im Seitenzahnbereich bei einer Mindestschichtstärke von 0,3 bis 0,6???mm vielversprechend für die Praxis ist. In der Praxis Reusch versorgen wir seit fast drei Jahrzehnten Seitenzähne mit 0,5 bis 0,7?mm starken, adhäsiv befestigten monolithischen IPS Empress- oder LS2-Restaurationen (IPS e.max Press, Ivoclar Vivadent), als okklusale Veneers oder Teilkronen rekonstruiert. Frontzähne werden mit adhäsiv befestigten monolithischen 360°-Veneers, Teilkronen oder Veneers in einer Schichtstärke von 0,3 bis 0,5???mm wiederhergestellt. Aber: Im Gegensatz zu Gold, das sich bei Interferenzen verformt, oder Metallkeramik, die frakturiert, sind Rekonstruktionen aus Lithium-Disilikat oder Zirkonoxid praktisch unzerstörbar. Die Anforderungen bezüglich der statischen und dynamischen Okklusion sind daher hoch. Tabelle 1 zeigt den Behandlungsablauf bei der prothetischen Rehabilitation speziell bei bruxenden Patienten.
Diagnostik und Behandlungsplan
Aufgrund parafunktioneller Aktivitäten und Biokorrosion zeigen sich bei der 23-jährigen Patientin stark attritierte Frontzähne, im Oberkiefer mit totalem palatinalem Schmelzverlust (Abb.1 und 2). Die Seitenzähne haben okklusal fast den kompletten Schmelz verloren. Die Patientin wurde bereits alio loco mit einer suffizienten Aufbissschiene vorbehandelt.
Instrumentelle Funktionsanalyse, Diagnostik-Wachsung und Präparationsplanung
Das Modell des Oberkiefers wird schädel-gerecht, das des Unterkiefers gelenkbezogen im Artikulator montiert (Abb. 3). Zur Programmierung des Artikulators erfolgt eine Aufzeichnung der Unterkieferbewegung. Auf den Duplikatmodellen wird eine diagnostische Wachsung erstellt (Abb.4). Ziel ist das Anheben der Vertikalen auf die Höhe, die zur Rekonstruktion der Frontzähne (logische Zahnform) notwendig ist. Die Frontzahnlänge wird mittels Mock-ups durch Prüfen von Sprache, Funktion und Ästhetik überprüft und falls notwendig korrigiert. Bei der Seitwärtsbewegung streben wir eine initiale Disklusion der Seitenzähne an. Höcker, die Interferenzen darstellen, werden verlegt. Als Vorgabe zur funktionsgerechten Präparation markiert der Zahntechniker auf den bukkalen Zahnflächen die ursprüngliche Lage der Stampfhöcker (rote Striche) und die der Scherhöcker (grüne Striche). Auf der Gingiva des Modells wird eingezeichnet, wohin präparationstechnisch Höcker und Freiräume verlegt werden müssen. Auf den Duplikatmodellen der diagnostischen Wachsung wird eine Folie tiefgezogen, mit Provisorienkunststoff gefüllt und auf die Zähne aufgebracht. Nach Entfernen der Folie beurteilen wir vor der Präparation Zahnarzt und Zahntechniker gemeinsam mit der Patientin die geplanten Änderungen bezüglich Phonetik, Funktion und Ästhetik (Abb.5).
Behandlungsphase 1: temporäre Oberkiefer- und definitive Unterkiefer-Seitenzahnversorgung
Die Seitenzähne in Ober- und Unterkiefer werden präpariert und abgeformt, die Gesamtmodelle mittels Gesichtsbogens und Zentrikregistrats im Artikulator eingestellt. Sie dienen der Gestaltung der Kontakte, der Kontaktpunkte zu den benachbarten Zähnen sowie der okklusalen Gestaltung der Antogonisten. Die Kronenränder werden auf den Einzelstümpfen auf der Basis der Teilmodelle perfekt gestaltet (Abb.6). Der Stützstift wird entsprechend der geplanten Vertikalerhöhung eingestellt. Mithilfe eines Okklusionsebenen-Messtisches werden die Unterkiefer-Seitenzähne aufgewachst, die modellierten Kronen eingebettet und in monolithische Kronen überführt. Die Eingliederung der Kronen erfolgt mittels Adhäsivtechnik (S.Ä.T., Adhese Universal, Variolink und Monobond Etch & Prime, Ivoclar Vivadent).
Im Oberkiefer-Seitenzahnbereich gliedern wir eine indirekte temporäre Restauration aus Kunststoff ein und versorgen die noch nicht präparierten Zähne im Frontzahnbereich mit einem adhäsiv befestigten Mock-up aus Provisorienkunststoff (Abb.7). Der Zahnbogen im Oberkiefer wird leicht nach bukkal aufgeweitet, und die Frontzähne werden verlängert. Die Restaurationen enthalten die durch das Mock-up überprüfte Vertikalerhöhung und Höckerpositionierung. Analog zu einer Aufbissschienentherapiekönnen an der temporären Restauration im Oberkiefer kleine Korrekturen vorgenommen werden.
-
Weitere Beiträge zu diesem Thema
Frontzahnfraktur: Sofortrestauration mit Zirkonoxid-Krone
Digitale Technologien und modernes Zirkonoxid ermöglichen hochpräzise Chairside-Restaurationen in nur einer Sitzung. Der vorgestellte Patientenfall zeigt Effizienz, Ästhetik und Patientenzufriedenheit durch innovative Verfahren.Risikoarme Versorgung einer 85-jährigen Patientin
Der Autor beschreibt die Herstellung einer Adhäsivbrücke im Unterkiefer. Bei dem Patientenfall war aufgrund einer ausgeprägten Parodontitis, fehlenden ortsständigen Knochens und eines höheren Patientenalters eine Alternative zur herkömmlichen Brücken- und Implantatrestauration notwendig. Eine Herausforderung war das nach der Extraktion des Zahns zu erwartende Gewebedefizit, das eine Weichgewebeaugmentation notwendig werden ließ. Die Lösung: Eine Adhäsivbrücke gefertigt im digitalen Workflow aus einem hochtransluzenten, ästhetischen Zirkonoxid. Die Wiederherstellung von Ästhetik und Funktion im Frontzahnbereich ist immer eine Herausforderung, insbesondere bei Patienten mit komplexen Bedingungen wie massiver Parodontitis, geringem Knochenangebot [5], Kindern [6] oder im fortgeschrittenem Alter. Diese Faktoren erschweren oft den Einsatz klassischerDie Vielfalt von Zirkonoxid im Praxisalltag
Multi-Layered-Zirkonoxid bietet viel Flexibilität im zahnärztlichen Praxisalltag. Je nach Ausgangssituation und Anspruch des Patienten können das passende Material und die entsprechende Vorgehensweise gewählt werden. Die verschiedenen Wege chairside, semi-chairside und labside werden aus Anwendersicht im Kontext von Patientenfällen vorgestellt. Zirkonoxid hat sich als Restaurationsmaterial etabliert. Zunächst auf den Einsatz im Dentallabor beschränkt, hat heute jede Zahnarztpraxis, die im Chairside-Verfahren Restaurationen fertigt, Zugriff auf Zirkonoxid in Blockform. Insbesondere die mechanischen Eigenschaften machen Zirkonoxid zum festen Bestandteil des prothetischen Praxisalltags. Dank der Fortschritte im Bereich der ästhetischen Eigenschaften können mit transluzenten Multi-Layered-Zirkonoxiden wie dem Katana Zirconia Block (Kuraray Noritake) auch