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Wie verordne ich korrekt?

Wie verordne ich korrekt?

Fachartikel, Zahnmedizin

Funktionsdiagnostik & CMD

mg° dental

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14 MIN

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Die vertragszahnärztliche Verordnung von physiotherapeutischen und logopädischen Maßnahmen (Heil- und Hilfsmittel) muss seit Jahresbeginn 2021 nach den Vorgaben der novellierten Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte (HeilM-RL ZÄ) umgesetzt werden. Praktisch relevant sind vor allem die Abschaffung des „Regelfalls“ mit Umdeutung in einen „Verordnungsfall“ und die Einführung der sogenannten „orientierenden Behandlungsmenge“, die die bisherige „Verordnungsmenge“ ablöst. Neu ist zudem die Möglichkeit der „Blankoverordnung“, die es dem Physiotherapeuten und Logopäden (Heilmittelerbringer) erlauben wird, nach eigener fachlicher Bewertung die zahnärztlich verordnete Behandlung fallspezifisch auszugestalten. Im Folgenden werden die Hintergründe der Anpassung erläutert und die zu beachtenden Änderungen beschrieben. Für die Erstellung einer faktisch korrekten Heilmittelverordnung werden praktische Hinweise gegeben.

Fragen an den Autor

Ist eine Verordnung von „Physio­therapie“ und „Logopädie“ in der kassenzahnärztlichen Praxis problemfrei möglich?
Jeder Kassenzahnarzt kann physio- beziehungsweise sprech-, sprach- und schluck­therapeutische Therapieeinheiten veranlassen. Die Grundlagen zur korrekten Umsetzung regelt die Heilmittel-Richtlinie. Vermeidbare Formfehler oder unvollständige Angaben können zu Problemen führen. Die bedarfsgerechte Verordnung unterliegt derzeit keiner Budgetierung. Wirtschaftlichkeitsprüfungen sind stets möglich.

Warum wurde eine Aktualisierung der Heilmittel-Richtlinie notwendig?
Der gesetzliche Hauptgrund für die Anpassung der Heilmittel-Richtlinie war die konkrete Vorgabe des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG), die Voraussetzungen für eine Blankoverordnung einzuführen. Hierbei soll der zahnärztliche Heilmittelverordner die Versorgung mit Heilmitteln veranlassen, kann jedoch die fachliche Ausgestaltung an den physiotherapeutischen beziehungsweise logopädischen Heilmittel­erbringer delegieren. Weitere Optimierungsgründe ergaben sich aus der Erfahrung mit der seit 2017 bestehenden Regelung und der Verordnungsroutine.

Einleitung

In der konservativen Behandlung der craniomandibulären Dysfunktion (CMD) ist die Verordnung von Heilmitteln ein wichtiger Bestandteil eines multimodalen Behandlungskonzepts. Die seit 01.07.2017 gültige, ursprüngliche Fassung der HeilM-­RL ZÄ reglementierte erstmalig, wann, wieviele und welche Heil- und Hilfsmittel durch Vertragszahnärzte zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden dürfen, und organisierte damit die rechtssichere Handhabung. Neben der bereits in Kraft getretenen Heilmittel-Richtlinie Ärzte sollte ein entsprechendes Regelwerk eingeführt werden, um den Besonderheiten der zahnärztlichen Therapie in einer eigenen Heilmittel-Richtlinie Rechnung zu tragen.

Das „alte“ System und praktische Gründe für die Anpassung der Richtlinie
Die ursprüngliche Fassung der Heilmittel-Richtlinie basierte auf der Regelfallsystematik. Regelfälle sollten zusammen mit den im Heilmittelkatalog festgelegten Verordnungsmengen, Behandlungsfrequenzen und indikationsspezifisch vorgesehenen Heilmitteln das Gerüst für eine zahnmedizinisch angemessene und wirtschaftliche Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln bilden. Es wurde davon ausgegangen, dass im Regelfall das Therapieziel mit Ausschöpfung der im Heilmittelkatalog vorgesehenen Gesamtverordnungsmenge an Behandlungen erreicht sein sollte (Verordnungen im Regelfall). Überschreitungen der für den Regelfall vorgesehenen Volumina wurden antragspflichtig und sollten von den gesetzlichen Krankenversicherungen überprüft und genehmigt werden (Verordnungen außerhalb des Regelfalls). In dieses Stufensystem wurde als dritte Komponente die Möglichkeit der antrags- und genehmigungspflichtigen Langfristverordnung installiert. Sehr schnell stellte sich heraus, dass der Aufwand für die Überprüfung der Regelfallsystematik als geplantes Instrument zur Kostendämpfung in keinem Verhältnis zum eigentlichen Kostenaufwand stand. Das Grundkonzept einer offiziellen Genehmigungsbürokratie war mit der Erklärung des Genehmigungsverzichts zahlreicher Krankenkassen formell bald kaum mehr aktiv. Dies führte den regulativen Teil der Heilmittel-Richtlinie ad absurdum. Das zugrunde liegende Konzept war somit überarbeitungsbedürftig.
Die im Heilmittelkatalog festgelegten Verordnungsmengen waren als Teilmengen per Erst- oder Folgeverordnung abrufbar. Nach einer Erstverordnung galt jede weitere Rezeptierung des gleichen Regelfalles als Folgeverordnung. Diese Systematik war prinzipiell überschaubar, solange nur ein zahnärztlicher Verordner den Patienten mit Heilmitteln versorgte. Der Verordnungsstatus wurde jedoch fraglich, sobald ein weiterer Zahnarzt im Rahmen derselben Erkrankung physiotherapeutische oder logopädische Behandlungen anwies. Es bedurfte der klärenden Rücksprache und gegebenenfalls der Anpassung der Verordnung.
Wenn die Gesamtverordnungsmenge eines Regelfalls ausgeschöpft war, sah der Heilmittelkatalog ein behandlungsfreies Intervall vor. Diese Zeitspanne war für den Verordner nicht durchschaubar. Hier musste, in der Hoffnung auf eine zeitnahe Klärung, beim Patienten oder Therapeuten rückgefragt werden. Nicht selten ergaben sich aufgrund der unsicheren Situation zeitliche Verzögerungen oder die Notwendigkeit der Verordnungsanpassung mit entsprechend bürokratischem Aufwand auf Seiten der Heilmittelerbringer, -empfänger und -verordner.
Der Zeitraum für den Beginn der Leistungserbringung war auf 14 Tage nach Ausstellung der Verordnung festgelegt. Danach verlor die Verordnung ihre Gültigkeit. Ein solcher zeitlicher Vorlauf war in der Behandlungsroutine der physiotherapeutischen beziehungsweise logopädischen Praxen nicht immer problemlos realisierbar. Wenn Terminvereinbarungen in der Geschwindigkeit, wie sie die Richtlinie verlangte, nicht möglich waren, bestand die Notwendigkeit, Verordnungen nachträglich zu ändern. Die gesetzlichen Krankenversicherungen verlangen solche Anpassungen auf dem Originalrezept, was ein postalisches Verfahren zwischen Heilmittelerbringer und -verordner notwendig machte. Nicht selten „pendelten“ Patienten zwischen den Praxen als Kurier für eine formell korrekte Änderung.
Mit der Novellierung soll vermeidbarer bürokratischer Aufwand mit entsprechenden volkswirtschaftlichen und ökologischen Folgen reduziert werden.

Inhalte der Neufassung im ­Überblick (Tab.?1)

Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte
Erstfassung vom 01.07.2017 Novellierung vom 01.01.2021
1 Maßnahmen der Physiotherapie und der physikalischen Therapie Sprech- und Sprachtherapie Maßnahmen der Physiotherapie
Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie
2 Gültigkeit der Verordnung 14 Tage Gültigkeit der Verordnung 28 Tage
3 dringlicher Heilmittelbedarf
4 Regelfall
Gesamtverordnungsmenge
Verordnungsfall
orientierende Behandlungsmenge
5 Gesamtverordnungsmenge ist Patienten bezogen zu betrachten orientierende Behandlungsmenge gilt Verordner bezogen
6 Unterscheidung in Erst- und Folge­verordnung Keine Unterscheidung in Erst- und Folgeverordnung
7 Verordnung außerhalb des Regelfalles genehmigungspflichtig Verordnung jenseits des Verordnungsfalles genehmigungsfrei möglich, Dokumentation in der Patientenakte
8 behandlungsfreies Intervall von ­3 Monaten trennt zwei Regelfälle verordnungsfreier Zeitraum von 6 Monaten trennt zwei Verordnungsfälle
9 Doppelbehandlungen nicht geregelt Doppelbehandlungen bei medizinischer Indikation möglich
10 Vorbereitungen zur „Blankoverordnung“
Tab. 1 – Inhalte der Neufassung im Überblick. Die Anpassungen der „Heilmittel-Richtlinie 2021“ sind in der rechten Spalte stichpunktartig benannt und gegebenenfalls der Erstfassung von 2017 gegenübergestellt.

  1. Nomenklatur
    Die bisherige Bezeichnung „Physiotherapie und physikalische Therapie“ wird auf dem Verordnungsvordruck durch den Oberbegriff „Physiotherapie“ ersetzt. In ihm sind die physiotherapeutischen Techniken inklusive der physikalischen Anwendungen zusammengefasst. Im Bereich der logopädischen Behandlung wird der Begriff „Schlucktherapie“ hinzugefügt, da diese im angepassten Heilmittelkatalog als eigenständige Therapieoption ergänzt wurde. Diese nominellen Änderungen haben in der Verordnungsroutine keine praktische Relevanz.
  2. Gültigkeit der Verordnung 28 Kalendertage
    Kann die Heilmittelbehandlung nicht innerhalb von 28 Kalendertagen nach Verordnung begonnen werden, verliert sie ihre Gültigkeit. Damit verdoppelt sich der Zeitraum, um die Behandlung zu realisieren. Aufgrund der Gefährdung des Therapieziels führt eine unbegründete Behandlungsunterbrechung von mehr als 14 Kalendertagen auch weiterhin zur Ungültigkeit der Verordnung.
  3. Dringlicher Behandlungsbedarf
    Besteht bei einer akuten Problematik die Indikation für einen dringlichen Behandlungsbedarf, kann der zahnärztliche Verordner diesen auf dem Verordnungsvordruck dokumentieren (Abb.1). Der Behandlungsbeginn soll dann spätestens innerhalb von 14 Kalendertagen realisiert werden.
  4. Die Regelfallsystematik wird aufgehoben
    Der bisherige „Regelfall“ wird begrifflich zum „Verordnungsfall“, die „Gesamtverordnungsmenge“ wird ersetzt durch die „orientierende Behandlungsmenge“. Alle Heilmittelbehandlungen für eine Patientin oder einen Patienten aufgrund derselben Beschwerdesituation werden in einem Verordnungsfall zusammengefasst. Im Heilmittelkatalog ist eine „orientierende Behandlungsmenge“ als die Summe der Behandlungseinheiten festgelegt, mit der in der Regel das angestrebte Therapieziel erreicht werden kann. Der Umfang der „orientierenden Behandlungsmenge“ (Version 2021) und der „Gesamtverordnungsmenge“ des Regelfalls (Version 2017) sind identisch.
  5. Orientierende Behandlungsmenge gilt Verordner bezogen
    Sowohl der „Verordnungsfall“, als auch die „orientierende Behandlungsmenge“ sind nicht wie bisher Patienten-, sondern Verordner bezogen zu betrachten (je Praxis, Berufsausübungsgemeinschaft, MVZ). Eine Anrechnung alio loco erfolgter zahnärztlicher Fremdverordnungen für denselben Patienten bei derselben Erkrankung sind folglich nicht zu berücksichtigen und werden dem Verordner nicht angerechnet. Parallele Behandlungen sind jedoch zu vermeiden.
  6. Keine Unterscheidung zwischen Erst- und Folgeverordnung
    In der aktuellen Version der Heilmittelverordnung müssen keine Besonderheiten bei Wiederholungsverordnungen beachtet werden. Damit entfällt innerhalb der orientierenden Behandlungsmenge die bisher notwendige Einteilung als Erst- oder Folgeverordnung. Eine entsprechende Auswahl ist auf der aktuellen Heilmittelverordnung nicht mehr vorgesehen (siehe Abb.1).
  7. Behandlungen jenseits orientierender Behandlungsmenge sind genehmigungsfrei
    Wenn Therapieziele nicht mit der vorgesehenen Anzahl an Behandlungen innerhalb eines Verordnungsfalls erreicht werden können, ist bei entsprechender Indikation die Fortsetzung der Therapie über die „orientierende Behandlungsmenge“ hinaus möglich. Eine Behandlungspause im Sinne eines „behandlungsfreien Intervalls“ ist nicht zwingend zu beachten. Bislang diente hierzu eine „Verordnung außerhalb des Regelfalls“, die mit einer Begründung auf der Heilmittelverordnung eine Versorgung mit Heilmitteln für bis zu zwölf Wochen erreichen konnte. Dies ist formell nicht mehr vorgesehen und die Genehmigungsprozedur der gesetzlichen Krankenkassen entfällt. Stattdessen genügt nun die Dokumentation der individuellen Gründe in der Patientenakte, um eine Weiterführung der Therapie im Rahmen des bestehenden Verordnungsfalls zu rechtfertigen.
    Die Notwendigkeit eines langfristigen Heilmittelbedarfs (SGB?V §?32, Absatz 1a) wird – wie bislang üblich – von der zuständigen Krankenkasse bei Bedarf unter Hinzuziehung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) geprüft. Eine Genehmigung kann befristet (mindestens ein Jahr) oder unbefristet erfolgen. Es bedarf hierfür eines formlosen Antrages der/des Versicherten nebst Kopie der entsprechend formulierten und gesondert begründeten Heilmittelverordnung (Abb.2). Eine solche Verordnung kann die kontinuierliche Versorgung mit Heilmitteln über einen Zeitraum von zwölf Wochen erreichen. Formuliertes Ziel ist die Reduktion von unnötigem bürokratischen Aufwand für den Patienten, den Heilmittelverordner und -erbringer sowie die Krankenkasse. Für den zahnärztlichen Bereich besteht im Gegensatz zur vertragsärztlichen Richtlinie keine Diagnoseliste mit Indikationen für den langfristigen Heilmittelbedarf.
  8. Neuer Verordnungsfall nach sechs Monaten Nichtverordnung
    Nach einem verordnungsfreien Zeitraum von sechs Monaten (bisher: behandlungsfreies Intervall von drei Monaten) ergibt sich ein neuer „Verordnungsfall“ mit einer den Vorgaben des Heilmittelkatalogs entsprechenden „orientierenden Behandlungsmenge“ (Abb.3). Verordnungen, die aufgrund derselben Diagnose innerhalb der Sechsmonatsfrist ausgestellt wurden, sind auch demselben Verordnungsfall zuzurechnen. Mit dieser Anpassung ist eine für den Verordner übersichtlichere Zuordnung einer Rezeptierung zu einem Verordnungsfall möglich. Die Dokumentation über den zeitlichen Verordnungsverlauf ist in der Patientenakte direkt ersichtlich.
  9. Doppelbehandlungen sind möglich
    Seit 01.01.2021 können vorrangige Heilmittel, zum Beispiel Krankengymnastik, in notwendigen Fällen auch als zusammenhängende Behandlung (Doppelbehandlung) erbracht werden (Abb.4). Eine Veränderung der zulässigen Höchstmenge an Behandlungseinheiten je Verordnung ergibt sich hierdurch jedoch nicht. Zu beachten ist, dass sich die Höchstmenge des ergänzenden Heilmittels (zum Beispiel Wärme) nach den verordneten Einheiten des vorrangigen Heilmittels richtet (zum Beispiel sechs Einzelbehandlungen = drei Einheiten im Sinne von Doppelbehandlungen). Auf dem Formularfeld „Weitere Hinweise“ hat der Zusatz „Doppelbehandlung“ zu erfolgen, um die unsynchrone Verordnung von vorrangigen und ergänzenden Heilmitteln zu erklären.
  10. Vorbereitungen zur „Blankoverordnung“
    Mit der Novellierung der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte wurden die ersten Voraussetzungen zur Umsetzung der sogenannten „Blankoverordnung“ geschaffen. Eine solche „Verordnung mit erweiterter Versorgungsverantwortung von Heilmittelerbringern (§?125a SGB?V)“ ermöglicht dem Therapeuten nach Diagnose- und Indikationsstellung durch einen Vertragszahnarzt die selbstständige Auswahl der Art und Dauer der Therapie sowie der Frequenz der Behandlungseinheiten. Die entsprechenden Formularfelder können unausgefüllt bleiben (Abb.5). Das Ziel ist ein bürokratieärmerer Ablauf der Versorgung mit Heilmitteln ohne die Notwendigkeit einer etwaigen nachträglichen Anpassung von Verordnungen nach Vorgaben der Heilmittelerbringer. Diese Art der Verordnung ist maximal 16 Wochen ab Verordnungsdatum gültig. Um die formell unvollständig ausgefüllte Heilmittelverordnung zu legitimieren, muss auf dem zusätzlich geschaffenen Formularfeld „Weitere Hinweise“ der Zusatz „Blankoverordnung“ vermerkt sein. (Bei Drucklegung war die praktische Umsetzung der „Blankoverordnung“ noch nicht abschließend geregelt.)

Die korrekte Verordnung von Heilmitteln
Zur Erreichung eines effektiven funk­tionstherapeutischen Gesamtkonzepts in der Behandlung der craniomandibulären Dysfunktion sollten sich die kooperierenden Behandler – hier Zahnarzt und ­Physiotherapeut beziehungsweise Logopäde – über die Therapieabläufe und -inhalte abstimmen. Als Kommunikationsgrundlage dient die fachlich korrekt formulierte Heilmittelverordnung. Seit Januar 2021 ist hierfür der teilweise angepasste Verordnungsvordruck (Z13) zu nutzen (Abb.6). Bei entsprechender Indikation ist damit die Verordnung von Maßnahmen der Physiotherapie und der Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie zulässig, gegebenenfalls bei therapeutisch nutzbringendem Synergismus zeitgleich und parallel auf je einem Verordnungsvordruck.

Indikation
Eine zahnärztliche Heilmittelverordnung ist nur zur Behandlung krankheitsbedingter struktureller und funktioneller Schädigungen des Mund- und Kieferbereichs indiziert. Hier muss auch die Ursache der Beschwerden liegen. Funktionell unmittelbar mit dem craniomandibulären System in Zusammenhang stehende oder anatomisch direkt angrenzende Strukturen können jedoch bei entsprechendem Befund einbezogen werden. Zur Festlegung der funktionstherapeutischen Indikation sind „schädigungsabhängig“ diagnostische Maßnahmen durchzuführen und zu dokumentieren. Ausdrücklich sieht die Heilmittel-Richtlinie hier eine Mitbeachtung von „Kontextfaktoren“, zum Beispiel Lebensumstände, vor. Inhalt und Umfang einer solchen Untersuchung sind nicht näher beschrieben. Der Fakt, dass funktionsanalytische Leistungen nicht im Sachleistungskatalog der GKV enthalten sind und damit eine außervertragliche Leistung darstellen, ist ein bislang ungeklärtes Problem.

Leitfaden zur Verordnung
Persönliche Daten des Patienten nebst Versicherungsangaben werden von der Chipkarte auf das Formularfeld 1 transferiert. Ebenso automatisiert erfolgen die Einträge der Betriebsstätten- und Vertragszahnarzt-Nummer. Mit Druck des Ausstellungsdatums startet die Gültigkeitsfrist von 28 Kalendertagen.
Liegt ein dringlicher Behandlungsbedarf im Sinne einer akuten Problematik vor, kann im Formularfeld 2 eine Markierung gesetzt werden. Hiermit dokumentiert der Verordner die Notwendigkeit des Therapiebeginns innerhalb von 14 Tagen. Die Erbringung von Heilmitteln kann bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen oder bei immobilen Patienten, die aus medizinischen Gründen den Therapeuten nicht aufsuchen können, als „Hausbesuch“ verordnet werden. Die Anforderung eines Therapieberichts ist als Kommunikationsgrundlage mit dem Physiotherapeuten beziehungsweise dem Logopäden zur Bewertung des Behandlungseffekts empfehlenswert. Wenn kein Bericht gewünscht ist, bleibt das Formularkästchen frei.
Grundgerüst der Verordnung von Heilmitteln sind sogenannte „Indikationsgruppen“, die teilweise mit primären Leitsymptomatiken differenziert einen „Indikationsschlüssel“ bilden (Tab. 2 und 3). Der Indikationsschlüssel beschreibt die patientenindividuelle Funktionsstörung, für die der zahnärztliche Heilmittelkatalog indikationsbezogene Verordnungsmöglichkeiten vorsieht. Der nach schädigungsabhängiger Diagnostik generierte, drei- bis vierstellige Indikationsschlüssel wird im Feld 3 vermerkt. Neben dieser formellen Einteilung müssen dem physiotherapeutischen beziehungsweise logopädischen Behandler die konkrete Diagnose, die Leitsymptomatik sowie weitere relevante Befunde und eine Spezifizierung der Therapieziele als Fließtext mitgeteilt werden (Abb.7). Der Vordruck enthält zudem zwei Felder für ICD-10 Codes (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems). Aktuell sind diese nicht zu befüllen.
Zur Erreichung der Therapieziele sind im Heilmittelkatalog für die einzelnen Indikationsschlüssel Behandlungsoptionen festgelegt (Tab. 4). Im Formularfeld 4 kann der zahnärztliche Heilmittelverordner im Bereich der Physiotherapie aus dieser Vorauswahl maximal ein vorrangiges Heilmittel (KG (Abb.8 bis 13), MT (Abb.14 bis 19)) veranlassen. Bestimmte Maßnahmen – wie MT, KG-ZNS – bedürfen als Zertifikatspositionen einer qualifizierenden Zusatzausbildung der Physiotherapeuten.
Als therapeutisch erforderlicher Zusatz kann maximal ein ergänzendes physikalisches Heilmittel (Abb.20 bis 25) bestimmt werden. Durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens wird die Maßnahme der „Wärmetherapie“ als Anwendung per „Heißluft“, „Heiße Rolle“, „Ultraschall“ oder „Packungen“ spezifiziert. Eine Konkretisierung der Kryotherapie (Eisabreibung, Kaltpackungen, Kaltgas, Kaltluft) ist nicht vorgesehen, allerdings unter „Spezifizierung“ möglich. Soweit der Heilmittelkatalog eine Indikation zu „Elektrotherapie“ oder „Elektrostimulation“ vorsieht, kann diese auch unabhängig von einem vorrangigen Heilmittel verordnet werden.
Neben der gezielten Therapie per passiver, Behandler geführter Verfahren kommt patientenaktiven und selbstständig geleisteten Bewegungen eine hohe Bedeutung zu. Zur Vorbeugung von Dysfunktionen sind solche gerichteten Übungen, zum Beispiel isometrische und isotonische Praktiken, nachhaltig effektvoll. Ziel einer Heilmittelverordnung ist somit ebenso die Vermittlung eines Eigenübungskonzepts.
5 Im Heilmittelkatalog sind für jeden Indikationsschlüssel eine orientierende Behandlungsmenge und die maximale Verordnungsmenge je Verordnung festgelegt (Tab. 5). Sofern das angestrebte Therapieziel mit der im Katalog angegebenen Anzahl an Therapieeinheiten nicht erreicht werden konnte, ist ein weiterer Heilmitteleinsatz trotzdem möglich. Die individuellen mediz

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