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Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub

Aktuelles zum Urlaubsrecht für die Praxis

Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub

Zahnmedizin , Management

Steuer & Recht

mg° dental

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6 MIN

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erschienen in DZW


Der Sommer ist vorbei, viele kehren aus ihrem Jahresurlaub zurück. Oft wird direkt wieder über den nächsten Urlaub nachgedacht. Auch wenn Urlaub im Arbeitsalltag ein selbstverständliches Thema ist, kursieren doch noch viele Irrtümer und Unsicherheiten. Das Urlaubsrecht ist komplex und sorgt regelmäßig für Diskussionen, die auch die Gerichte beschäftigen. In diesem Beitrag beleuchten wir die wichtigsten Themen, die gerade auch Praxisinhaber kennen sollten.

Mindesturlaub und Mehrurlaub

Nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) haben alle Arbeitnehmer jedes Jahr Anspruch auf einen bezahlten Erholungsurlaub von mindestens 24 Arbeitstagen bei einer Sechs-Tage-Woche vor (Paragraf 3 BUrlG). Dies entspricht 20 Arbeitstagen bei einer Fünf-Tage-Woche, 16 Arbeitstagen bei einer Vier-Tage-Woche und so weiter. Im Ergebnis stehen allen Arbeitnehmer somit vier Wochen Urlaub pro Jahr gesetzlich zu.

Viele Praxen und Unternehmen bieten freiwillig mehr Urlaubstage an, oftmals bis zu 30 Tage (sechs Wochen) pro Jahr. Der gesetzliche Mindesturlaub ist zwingend und unverzichtbar und unterliegt den Bedingungen des BUrlG. Beim übergesetzlichen Mehrurlaub haben Praxisinhaber mehr Gestaltungsspielraum, so etwa bei Regelungen zum Verfall von Urlaubsansprüchen oder zur Abgeltung. Wichtig ist nur, dass hierzu eine wirklich klare und differenzierende Regelung im Arbeitsvertrag vereinbart wird. Fehlt es hieran, folgt auch der Mehrurlaub den Regeln des BUrlG.

Menschen mit einer Schwerbehinderung (mindestens GdB 50) haben zudem Anspruch auf fünf Tage Zusatzurlaub pro Kalenderjahr (Paragraf 208 SGB IX). Arbeiten sie mehr oder weniger als an fünf Tagen die Woche, vermehrt oder verringert sich der Anteil des Zusatzurlaubs entsprechend. Für gleichgestellte Personen (Paragraf 2 Abs. 3 SGB IX) gilt der Anspruch nicht.

Entstehung des Urlaubsanspruchs

Ein noch häufig kursierender Irrtum ist, dass in den ersten sechs Monaten eines Beschäftigungsverhältnisses gar kein Urlaub genommen werden darf. Möglicherweise wird dies intern in Praxen so gehandhabt, eine gesetzliche Notwendigkeit besteht dafür aber nicht.

Im BUrlG ist lediglich geregelt, dass der volle Urlaubsanspruch erstmalig nach Erfüllung einer sechsmonatigen Wartezeit entsteht. Während dieser Zeit besteht nach Paragraf 5 BUrlG gleichwohl Anspruch auf sogenannten Teilurlaub (1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Beschäftigungsmonat). Praxisinhaber können also durchaus auch in der ersten Zeit anteilig schon Urlaub gewähren, um damit auch eine Ansammlung zum Jahresende hin zu vermeiden.

Vergütung im Urlaub

Im Urlaub steht Arbeitnehmer das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt zu (Paragraf 11 BUrlG). Die Ermittlung dieses Durchschnittsverdienst wird in Zahnarztpraxen oft zur Herausforderung, wenn neben einem Festgehalt auch variable Vergütungen, zum Beispiel in Form von monatlichen Umsatzbeteiligungen vereinbart sind.

Solche Vergütungsbestandteile, die als laufendes Arbeitsentgelt zu qualifizieren sind, sind ebenfalls beim Urlaubsentgelt zu berücksichtigen. Praxisinhaber sollten daher schon vor Vertragsabschluss überlegen, ob und in welchem Umfang solche Vergütungsmodelle mit Blick auf Urlaubs- und Krankheitszeiten praktikabel und wirtschaftlich tragbar sind und auch andere Gestaltungsoptionen in den Blick nehmen.

Urlaubsgewährung und Mitwirkungspflicht

Der Urlaub wird von Arbeitgeberseite festgelegt, die Wünsche und Interessen der Mitarbeiter sind dabei zu beachten. Grundsätzlich soll der gesamte Urlaub im laufenden Jahr und möglichst zusammenhängend genommen werden – mindestens zwei Wochen am Stück (Paragraf 7 Abs. 2 BUrlG). Nur für Ausnahmefälle ist eine Übertragung des Urlaubs vorgesehen, der dann bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden muss, bevor er verfällt (Paragraf 7 Abs. 3 BUrlG). Bei langer Krankheit verfällt der Jahresurlaub sogar erst nach 15 Monaten.

Aber Achtung: Urlaub kann nur verfallen oder verjähren, wenn Arbeitgeber zuvor aktiv ihre Arbeitnehmer aufgefordert haben, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Kommen Praxisinhaber dieser Pflicht nicht nach, kann der Urlaub nicht verfallen. Die Zeit nach dem Sommer ist nochmal ein guter Zeitpunkt, um Beschäftigte – sofern noch nicht geschehen – auf ihren Resturlaub und die Möglichkeit des Verfalls hinzuweisen, um eine Übertragung auf das Folgejahr zu vermeiden.

Urlaubsansprüche
auch bei Mutterschutz und Elternzeit

Urlaubsansprüche entstehen auch während des Mutterschutzes und in der Elternzeit. In der Elternzeit haben Arbeitgeber auch die Möglichkeit, den Urlaubsanspruch um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit zu kürzen (Paragraf 17 Abs. 1 BEEG) – dies aber nur, wenn sie dies aktiv nach dem Elternzeitantrag oder während der Elternzeit mitteilen. Der Resturlaub aus der Zeit vor dem Mutterschutz oder einem Beschäftigungsverbot darf noch nach Ablauf der Schutzfristen genommen werden. Ausfallzeiten wegen eines Beschäftigungsverbotes gelten zudem als Beschäftigungszeiten (Paragraf 24 MuSchG). Das bedeutet, dass auch in dieser Zeit der Urlaub weiter entsteht.

Der Urlaub dient der Gesundheit und Erholung und ist daher auch in natura zu nehmen. Endet das Arbeitsverhältnis und konnte der Urlaub vorher nicht mehr vollständig genommen werden, ist er zwingend finanziell abzugelten (Paragraf 7 Abs. 4 BUrlG). Dies gilt jedenfalls für den gesetzlichen Mindesturlaub. Für den übergesetzlichen Mehrurlaub kann eine finanzielle Abgeltung ausgeschlossen werden. Dafür ist aber eine explizite Regelung im Arbeitsvertrag erforderlich, ansonsten ist auch der nicht genommene Mehrurlaub abzugelten.

Arbeitnehmer haben grundsätzlich nur einmal im Jahr Anspruch auf den vollen Jahresurlaub (Paragraf 6 BUrlG). Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind Arbeitgeber zudem verpflichtet, eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten und abge­-
goltenen Urlaub auszuhändigen.

Praxisinhaber sollten sich diese Bescheinigung bei einem unterjährigen Wechsel auch ruhig vorzeigen lassen, denn der bereits im alten Arbeitsverhältnis genommene und abgegoltene Mindesturlaub kann im neuen Arbeitsverhältnis angerechnet werden, sofern nicht individuell zwischen den Parteien etwas anderes vereinbart wird.

Klare Regelungen im Arbeitsvertrag

Praxistipp: Ob bei der Urlaubsplanung, bei der Vergütung oder beim Umgang mit Resturlaub – trotz gesetzlich zwingender Regelungen, bieten sich für Praxisinhaber auch Gestaltungsräume. Klare und differenzierende Regelungen im Arbeitsvertrag sowie eine aktive Mitwirkung bei der Urlaubsplanung- und -gewährung sollten selbstverständlich sein. Sie bieten Sicherheit und Vertrauen für alle Seiten. Es lohnt sich hier, sich auch frühzeitig beraten zu lassen. Denn Urlaub ist ein ganzjähriges, jährlich wiederkehrendes Thema, und mit der nötigen Klarheit für alle Beteiligten lässt sich der nächste Urlaub gleich viel entspannter planen.

Jennifer Jessie, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht, Bad Homburg

(wird fortgesetzt)

Über die Autorin
Rechtsanwältin Jennifer Jessie ist Fachanwältin für Medizinrecht und hat den Fachanwaltslehrgang für Arbeitsrecht erfolgreich absolviert. Sie hat sich wie alle Anwälte der Kanzlei Lyck+Pätzold healthcare.recht dem Medizinrecht und der rechtlichen Beratung der Akteure im Gesundheitswesen verschrieben. Sie ist sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich tätig und berät und vertritt medizinische Leistungserbringer, insbesondere Zahnärzte und Ärzte sowie Kliniken, in den Bereichen des gesamten Arbeitsrechts, des Berufs- und Werberechts als auch bei Praxisgründungen. Sie hält regelmäßig Vorträge und publiziert in einschlägigen Fachzeitschriften.“ Mehr auf www.medizinanwaelte.de

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