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Status quo und Dilemmata in Zahnmedizin und Zahntechnik

Status quo und Dilemmata in Zahnmedizin und Zahntechnik

News & Markt , Zahntechnik

IDS 2025

mg° dental

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6 MIN

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Erschienen in Dental Dialogue

Beim EADT Team-Talk „IDS-Spezial“ hat ein Expertenteam aus Zahnmedizin, Zahntechnik, Werkstoffkunde und Dentaltechnologie die Essenz der Messetage „destilliert“. Diskutiert wurden Trends und aktuelle Entwicklungen aus verschiedenen Perspektiven. Die Experten warfen einen differenzierten Blick auf die Veränderungen in der digitalen Zahnmedizin und deren Auswirkungen auf den Praxis- und Laboralltag.

Dr. Gertrud Fabel (Zahnmedizin), Ztm. Martina Schmitz (Zahntechnik), PD Dr. Adham Elsayed (Wissenschaft/Dentalindustrie) und Sebastian Spintzyk M. Sc. (Wissenschaft/Dentaltechnologie) diskutierten Trends und aktuelle Entwicklungen aus verschiedenen Perspektiven und warfen einen differenzierten Blick auf die Veränderungen in der digitalen Zahnmedizin und deren Auswirkungen auf den Praxis- und Laboralltag.

Vier Kernaussagen
Der Team-Talk lässt sich in vier Kernaussagen zusammenfassen.

Die Balance zwischen digitaler Effizienz und patientenorientierter Behandlung ist entscheidend.
Ein zentrales Thema war die Optimierung von Workflows, insbesondere im Hinblick auf den Single-Visit-Dentistry-Ansatz. Gertrud Fabel sprach über die Chairside-Fertigung und hob die Bedeutung vollkeramischer Werkstoffe hervor. Hierbei geht es darum, Behandlungsschritte wie Präparation, Scan und Eingliederung so zu gestalten, dass der Patient das Behandlungszimmer idealerweise nicht verlassen muss. Die Herausforderung besteht darin, Prozesszeiten zu verkürzen. Schnellere Schleifzeiten für Keramiken, 3D-gedruckte Kronen mit vielversprechenden Prozesszeiten von nur 20 bis 25 Minuten und Materialien, die im Post-Processing keinen Brand mehr benötigen, tragen zu dieser Effizienzsteigerung bei. Allerdings betonte die Zahnärztin, dass die reine Reduktion von Behandlungsminuten an Grenzen stößt, wenn administrative Prozesse unnötig Zeit in Anspruch nehmen: „Es werden immer mehr Programme, was unsere Abläufe verkompliziert.“ Bis zu 20 verschiedene Softwareprogramme in einer durchschnittlichen Praxis stellen ein ernsthaftes Problem dar. Es gilt also, ganzheitliche, schlankere Prozesse zu etablieren, die dem Patienten zugutekommen, ohne die Wirtschaftlichkeit zu gefährden.

Trotz digitaler Transformation bleibt analoges Wissen unverzichtbar.
Die Digitalisierung in Zahnarztpraxis und Dentallabor ist unaufhaltsam und hat viele traditionelle Behandlungskonzepte ergänzt oder ersetzt. Martina Schmitz thematisierte die Rolle des zahntechnischen Handwerks im digitalen Zeitalter und brachte mit ihrer 35-jährigen Erfahrung als Zahntechnikerin eine wertvolle Perspektive ein. Obwohl sie die Vorteile der Digitalisierung schätzt, ist sie der Überzeugung, dass ohne analoges Wissen die beste digitale Technik nichts nützt. Zudem betonte sie das dreidimensionale Verständnis, das man nur beim Arbeiten mit einem physischen Modell in der Hand entwickelt. Bei der keramischen Verblendung ermöglicht ihr die manuelle Schichttechnik eine Individualisierung mit Charakteristika, die digital schwerer zu erreichen sind. Bezüglich der Kosten merkte sie an, dass schnellere Herstellungsverfahren sich potenziell im Preis widerspiegeln könnten, wies jedoch gleichwohl darauf hin, dass technologische Anschaffungen teuer sind und sich die Frage stellt, wie diese Kosten weitergegeben werden können. Hier zeichnet sich möglicherweise eine Zweiteilung ab zwischen Laboren, die sehr einfach arbeiten, und solchen, die teure Hilfsmittel nutzen.

Abschließend betonte sie die Notwendigkeit einer guten Grundlage. Eine perfekte Abformung, sei sie analog oder digital, bleibe essenziell für qualitativ hochwertige Restaurationen.

Die rasante Entwicklung von Werkstoffen und Technologien erfordert genaues Hinschauen.
Die Geschwindigkeit, mit der neue Werkstoffe und Technologien auf den Markt kommen, ist enorm. Dies betrifft auch die adhäsive Befestigung. Adham Elsayed fokussierte auf Universalprodukte und aufeinander abgestimmte Arbeitsabläufe. Im Bereich der adhäsiven Befestigung stellte er die Möglichkeiten mit Zirkonoxid und universellen Adhäsiven vor. Ein wesentlicher Punkt seiner Ausführungen: der Trend zu Ein-Flaschen-Systemen. Obwohl Universaladhäsive eine Vereinfachung versprechen, funktionieren nicht alle gleich gut und müssen hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit geprüft werden. Die Entscheidung für die „richtigen“ Innovationen erfordert eine Abwägung zwischen Features und dem tatsächlichen Nutzen für Patienten.

Sebastian Spintzyk ergänzte diese Perspektive mit seinen Erkenntnissen zum 3D-Druck. Er berichtete über voll automatisierte Prozesse, begonnen vom Druck über die Reinigung bis zur Lichthärtung, Fortschritte in der Pulverbettmetallurgie, Hybridfertigung für herausnehmbaren Zahnersatz und die erweiterte Materialvielfalt. Ein wichtiges Thema war, wie Standardisierung und validierte Protokolle zur Qualitätssicherung beitragen.

Das Innovationstempo bleibt die zentrale Herausforderung.
Angesichts der hohen Investitionskosten für neue Technologien und der Notwendigkeit, das Personal zu schulen, stellt sich die Frage nach der wirtschaftlichen Umsetzbarkeit. Zudem wurde die Problematik angesprochen, dass Anwender mit den rasanten Innovationszyklen kaum mehr Schritt halten können. Im Bereich von Werkstoffen bleibe kaum Zeit, sich mit einer neuen Technologie vertraut zu machen und interne Standards zu etablieren, bevor die nächste Innovation auf den Markt kommt.

Diese enorme Geschwindigkeit, die man aus der IT-Branche kennt, zwingt Anwender zu Entscheidungen. Sie können nicht jede Neuerung ausprobieren, da am Ende wirtschaftliche Prozesse im Vordergrund stehen. Man solle sich, so die Teilnehmer der Diskussionsrunde, für ein bestimmtes Thema entscheiden und dieses sicher beherrschen, anstatt blind dem Motto „höher, schneller, weiter“ zu folgen. Die Frage sei nicht immer, was sich in den nächsten drei Jahren ändert, sondern worauf man sich in dieser Zeit verlassen könne. Letztlich entscheide nicht der Hype, sondern der praktische Nutzen über den Erfolg einer Innovation.

Fazit
Die Kernaussagen der Diskussion verdeutlichten die Spannungsfelder, in denen sich Zahnmedizin und Zahntechnik bewegen:

  • die Balance zwischen Effizienz und Patientenorientierung,
  • das Zusammenspiel von digitalen und analogen Fertigkeiten sowie
  • die Herausforderungen durch die rasante Material- und Technologieentwicklung.

Der Team-Talk auf der IDS 2025 zeichnete ein lebendiges Bild dieser Herausforderungen und Chancen in der Zahnmedizin. Die Integration digitaler Technologien schreitet voran und bietet immense Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung und verbesserter Patientenversorgung. Gleichzeitig erfordert dieser Wandel eine sorgfältige Abwägung zwischen Innovation und Bewährtem, eine kontinuierliche Weiterbildung und benutzerfreundliche Lösungen, die den Bedürfnissen von Anwendern und vor allem von Patienten gerecht werden.
Der EADT e. V. dankt Amann ­Girrbach herzlich für die großartige Bühne für den Team-Talk auf ihrem Stand und den technischen Support.

Video-Aufzeichnung
Die komplette Aufzeichnung des Team-Talks „IDS-Spezial 2025“ steht auf der EADT-Website bereit:
www.eadt.de

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