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Die Budgetierung schlägt zu

Die Budgetierung schlägt zu

Management , Zahnmedizin

Steuer & Recht

mg° dental

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11 MIN

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erschienen in DZW

Bedingt durch die Budgetierung, welche nach der Verabschiedung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) im Oktober 2022 Einzug in die Honorarverteilungsmaßstäbe (HVM) der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV) fand, verzeichnen aktuell zahnmedizinische Einheiten (von der Einzelpraxis über die Berufsausübungsgemeinschaften bis hin zu den medizinischen Versorgungszentren) Einbehalte, die von teilweise geringen bis hin zu sechsstelligen Beträgen bei größeren Einheiten auf deren Abrechnungsbescheiden führen. Die Einbehalte sind vorläufig und das genaue Honorar 2023 wird erst in der Abrechnung des vierten Quartals im April 2024 berechnet. Ob dann noch Nachzahlungen erfolgen, ist heute unklar, man kann darauf allenfalls hoffen. Damit besteht für Zahnärzte der Konflikt, ob Patienten überhaupt noch angemessen behandelt werden können, wenn die zahnmedizinischen Einheiten selbst für die Behandlungskosten aufkommen müssen.

Die Einbußen der zahnärztlichen Einheiten werden häufig verschärft durch in Arbeitsverträgen mit den angestellten Zahnärzten vereinbarte variable Vergütungen, da die meisten Arbeitsverträge den Umsatzrückgang durch die Budgetierung nicht regeln. Es folgt eine Analyse der Probleme rund um die Budgetierung, das Aufzeigen möglicher Lösungsansätze sowohl zur Einhaltung der Budgets als auch zur Minderung der variablen Vergütung von angestellten Zahnärzten.

1. Einführung

Unter dem Budget versteht man das jährliche Gesamtvolumen an Finanzmitteln, welches pro KZV und pro Krankenkasse für die Vergütung der dort tätigen Zahnärzte sowie Kieferorthopäden festgelegt wird. Die Budgetierung folgt aus dem Vorliegen eines Geldmangels der Krankenkassen. Aus Gründen der Beitragsstabilität wurde Ende letzten Jahres zur Stabilisierung der gesetzlichen Krankenkassen das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) verabschiedet, welches Einsparmaßnahmen vorsieht, insbesondere auch für alle Zahnärzte. Konkret soll für die nächste zwei Jahre eine Vergütungskürzung stattfinden. Das GKV-FinStG sieht vor, dass das Wachstum der Gesamtvergütungen auf höchstens die um 0,75 (2023) beziehungsweise 1,5 (2024) Prozentpunkte verminderte Grundlohnsumme steigen darf. 

Unter Grundlohnsumme versteht man die bundesweite Summe der beitragspflichtigen Löhne und Gehälter, aus denen Krankenversicherungsbeiträge zu leisten sind. Die zahnärztlichen Vergütungen sollen unterdurchschnittlich wachsen, was in Folge der hohen Inflation einen Gewinnrückgang bei Zahnärzten bewirken wird. Um diese Vergütungskürzungen zu regeln, hat jede KZV einen Honorarverteilungsmaßstab (HVM) bindend festgelegt. Die HVM-Regelungen sind deutschlandweit nicht einheitlich. Damit gehen diese Regelungen teilweise marginal, teilweise jedoch auch deutlicher auseinander.

Von der Budgetierung betroffen sind jedoch bei jedem HVM folgende Leistungen: Konservierende und chirurgische Leistungen (KCH), Parodontologische Leistungen (PAR), Behandlung von Verletzungen des Gesichtsschädels und Kiefergelenkserkrankungen (KB/KG) und Kieferorthopädische Leistungen (KfO).

Von der Budgetierung ausgenommen sind: Individualprophylaxe-Leistungen, Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen, Früherkennungsuntersuchungen, Leistungen im Rahmen der aufsuchenden Versorgung oder von Kooperationsverträgen zwischen stationären Pflegeeinrichtungen, parodontologische Leistungen bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen und Zahnersatz.

Betrachtet man die Lage für den Bereich der KZV Nordrhein, so bestimmt der HVM, dass gemeinsam für die KCH-, KB/KG- und PAR-Abrechnung eine maximal zu vergütende Punktzahl je kontingentbildendem Fall ermittelt wird. Diese Zahl liegt aktuell bei 80 Punkten pro Fall und Quartal für Zahnärzte, die keiner Sondergruppe angehören. Mitglieder von Sondergruppen sind Neugründer, Übernehmer von Praxen und chirurgische Leistungserbringer. Diesen wird ein höheres Budget zugesprochen. Zusätzlich gibt es für PAR- und KB/KG-Fälle Mehrkostenfaktoren, die das Budget in diesen Bereichen erhöhen. Im Ergebnis heißt das, dass Zahnärzte pro Fall ohne die Angehörigkeit zu ­einer Sondergruppe im Quartal bis zu 80 Punkte (etwa 100 Euro) vergütet bekommen.

Für die KfO-Abrechnung gilt, dass ein Fall in der Regel über zwölf Quartale abgerechnet wird. Der HVM in Nordrhein schreibt für das Budget für Multibehandlungen pro Behandlungsfall für die Kieferorthopäden einen Höchstbetrag von 297 Euro im Quartal vor. Bei der Behandlung mit herausnehmbarem Gerät gilt die Grenze von 161 Euro. Der Abschlag bemisst sich dann nach der Zahl der eingereichten Fälle, multipliziert mit der Kontingentgrenze, die quartalsweise überprüft und festgelegt wird. Von diesem Betrag werden nach Maßgabe der KZV Nordrhein im KfO-Bereich pro Monat 22,5 Prozent als Abschlag gezahlt, sodass für das Quartal maximal 67,5 Prozent an Abschlägen gezahlt werden. Was sind nun die häufig auftretenden Probleme und mögliche Lösungsansätze? Folgende Themenbereiche haben sich in den letzten Monaten herauskristallisiert:

2. Unbemerktes Überschreiten des Budgets

Bereits bei kleineren Behandlungen, beispielsweise bei Beratung, Untersuchung, Betäubung und Füllung von zwei Zähnen, werden schnell die 80 Punkte pro Fall überschritten. Gerade wenn zusätzlich zum medizinisch Notwendigen noch weitere (sich anbietende) Leistungen erbracht werden, ist die Folge häufig eine Budgetüberschreitung und eine damit verbundene geringere oder gänzlich ausfallende Vergütung der Leistung. Dazu kommt, dass die angestellten Zahnärzte häufig nicht ausreichend auf die Budgetierung von den Inhabern der Praxen hingewiesen werden.

Schützen kann man sich nur durch eine ausreichende Beobachtung der eigenen Fallzahlen und Grenzwerte in der eigenen EDV. Leider kontrollieren viele Praxen nicht die bisher abgerechneten Leistungen in Bezug auf die noch offenen Punkte pro Fall, obwohl dies mittels der Praxis-EDV täglich nachverfolgbar wäre. Eine Empfehlung ist daher das zeitnahe Überwachen der erbrachten Leistungen aller Behandler der Praxis, um möglichen Überschreitungen des Budgets frühzeitig begegnen zu können.

Außerdem ist es ratsam, wirklich nur das medizinisch Notwendige zu leisten, unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit. Starker Auslöser von Höchstpunktzahlüberschreitungen ist häufig das Erbringen von Leistungen, die sich im Moment der Behandlung anbieten, obgleich sie noch nicht notwendig durchgeführt werden müssen. Beispiel: Neben der Kariesbehandlung eines Zahns wird an einem benachbarten Zahn eine alte Füllung ausgetauscht, die etwas verfärbt ist. Das Finanzstabilisierungsgesetz und die hieraus resultierende Budgetierung stellen jedoch klar: Lediglich eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung kann und soll von den Praxen geleistet werden. Der Austausch der Füllung am Nachbarzahn wird also sanktioniert.

Ein funktionierendes „Recall-System“ kann ebenfalls dazu dienen, dass das Budget eingehalten wird: Je mehr „Scheine“ in der Praxis pro Quartal eingelesen werden, desto mehr Punkte kann die Praxis abrechnen, da die Budgetierung auf die Zahl der Patientenkontakte im Quartal abstellt. Viele Routinepatienten, bei denen kein großer Aufwand entsteht, bedeuten wenig Punkte in der Abrechnung dieses Einzelfalls und entsprechend viele Punkte, die auf andere Fälle übertragen werden können. Daher nennt man solche Scheine auch „Verdünner“. Länderunterschiede sind hier durchaus vorhanden.

Wenn Zahnärzte eine Kassenleistung wegen besonderer Gegebenheiten beim Patienten nicht richtlinienkonform erbringen können, kann die Leistung unter Umständen auch als Privatleistung erbracht werden, die dann keine Auswirkung auf das Budget hat. Sollte beispielsweise eine Wurzelbehandlung nicht regelkonform durchgeführt werden können, wäre als Kassenleistung eigentlich nur die Extrahierung möglich. Darüber ist der Patient natürlich ordnungsgemäß aufzuklären. Es kann ihm dann ein Heilversuch mit einer über die Kassenleistung hinausgehenden Privatbehandlung angeboten werden. Nach Erstellung eines Heil- und Kostenplans wird die Leistung anschließend dem Patienten als Privatleistung abgerechnet.

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