Erkenntnisse zur Auswirkung unterschiedlicher Ernährungsgewohnheiten
Auf der Europerio 11 vorgestellte Forschungsergebnisse beleuchten den Zusammenhang zwischen Ernährung, Entzündungsgeschehen und Zahnfleischgesundheit. Drei Studien untersuchten, wie Ernährungsgewohnheiten systemische Entzündungen, die Wirksamkeit parodontaler Therapien und die Vorteile eines zuckerfreien Lebensstils auf die Mund- und Allgemeingesundheit beeinflussen.
Langzeitstudie aus Finnland mit mehr als 3.300 Personen
Eine Langzeitstudie aus Finnland [1] analysierte über einen Zeitraum von elf Jahren die Beziehung zwischen Zahnfleischgesundheit, Ernährungsgewohnheiten und systemischen Entzündungen von mehr als 3.300 Personen. Die Teilnehmer wurden basierend auf ihrem Parodontalstatus und ihren Ernährungsgewohnheiten entweder einer entzündungshemmenden oder einer entzündungsfördernden Diät zugeordnet. Eine entzündungsfördernde Diät umfasst in der Regel viele verarbeitete Lebensmittel, raffinierte Kohlenhydrate, zuckerhaltige Getränke und ungesunde Fette, die chronische Entzündungen fördern können.
Die Studie zeigt, dass Patienten mit fortgeschrittener Parodontitis, die einer entzündungsfördernden Diät folgten, signifikant höhere Werte des C-reaktiven Proteins (CRP) aufwiesen, einem wichtigen Marker für systemische Entzündungen. Dieser Effekt hielt über die Zeit an, obwohl Fettleibigkeit die Beziehung teilweise vermittelte. Dies deutet darauf hin, dass Ernährungs- und Lebensstilfaktoren gemeinsam die Entzündungsniveaus beeinflussen.
Prof. Lior Shapira, wissenschaftlicher Leiter der Europerio 11: „Diese Studie zeigt die komplexe Wechselwirkung zwischen Mundgesundheit, Ernährung und systemischen Erkrankungen. Die Kombination aus Parodontitis und einer entzündungsfördernden Ernährung verstärkt systemische Entzündungen, was Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit haben kann.“
Gemüsehaltige Ernährung verbessert Therapieergebnisse
Eine niederländische Studie [2] untersuchte, wie Ernährungsgewohnheiten die Ergebnisse der nicht-chirurgischen Parodontaltherapie (NSPT) bei Patienten mit schwerer Zahnfleischerkrankung beeinflussen. 100 Patienten wurden hinsichtlich ihrer Ernährungsgewohnheiten drei und sechs Monate nach der Behandlung beobachtet.
Ein höherer Gemüseverzehr war signifikant mit einer besseren parodontalen Heilung verbunden, einschließlich einer verringerten Blutung bei Sondierung (BoP), einer Reduktion der parodontal entzündeten Oberflächenfläche (PISA) und einer Reduktion von Taschentiefen. Im Gegensatz dazu zeigte der Obst- und Süßwarenkonsum keine starken Zusammenhänge mit den Behandlungsergebnissen. Dies deutet darauf hin, dass bestimmte Ernährungsbestandteile, insbesondere Gemüse, eine Schlüsselrolle bei der Genesung nach der Behandlung spielen.
„Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Ernährung nicht nur in der Primär- und Sekundärprävention, sondern auch in der Genesung nach der Behandlung eine entscheidende Rolle spielt. Patienten zu ermutigen, gesündere Essgewohnheiten zu übernehmen, insbesondere mehr Gemüse zu konsumieren, könnte den Erfolg der Parodontalbehandlung verbessern“, betont Shapira.
Weniger Zucker, gesünderes Zahnfleisch
Eine Studie aus Deutschland [3] untersuchte, wie sich ein vierwöchiger Verzicht auf Zucker auf parodontale, systemische und psychologische Parameter auswirkt. Die Teilnehmer, 55 Zahnmedizinstudenten, verzichteten vier Wochen lang vollständig auf freien Zucker und Zuckerersatzstoffe und dokumentierten ihre Symptome und ihre Ernährung.
Zuckerverzicht führte zu einer Reduktion der Blutung bei Sondierung (BoP), was auf eine verringerte Zahnfleischentzündung hinweist, sowie als positivem Nebeneffekt zu einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von fast einem Kilogramm. Zudem stieg der Verzehr von Obst und Vitamin C, wodurch sich das Mikronährstoffprofil verbesserte.
Obwohl das Verlangen nach Zucker hoch war, nahm es allmählich ab, was darauf hindeutet, dass geführte Programme zum Zuckerentzug eine effektive Strategie zur Verbesserung der parodontalen und allgemeinen Gesundheit sein könnten. „Diese Studie zeigt die greifbaren Vorteile einer Zuckerreduktion für die parodontale Gesundheit. Mit der richtigen Anleitung können Patienten gesündere Ernährungsgewohnheiten entwickeln, die sowohl die Mund- als auch die Allgemeingesundheit fördern“, kommentiert Shapira.
Ernährung und parodontale Gesundheit
Die wachsende Zahl an Nachweisen unterstreicht die Bedeutung der Integration von Ernährungsberatung in die parodontale Versorgung. Ernährung spielt eine grundlegende Rolle bei Entzündung und Heilung, und diese neuen Erkenntnisse betonen die Notwendigkeit, dass zahnmedizinische Fachkräfte auch Ernährungsberatung als Teil der umfassenden Patientenversorgung berücksichtigen sollten.
„Die zentrale Botschaft dieser drei Studien ist, dass die Mundgesundheit eng mit der Ernährung und der allgemeinen Gesundheit verknüpft ist. Der Einfluss der Ernährung auf den Verlauf von Zahnfleischerkrankungen und die Ergebnisse von Parodontalbehandlungen wird immer deutlicher. Es ist an der Zeit, dass Zahnmediziner einen ganzheitlicheren Ansatz in der Patientenversorgung verfolgen“, schlussfolgert Shapira. „Die Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und Hausärzten ist der Schlüssel zu einer besseren Gesundheit.“
Quellen
[1] Kumulative Exposition gegenüber Parodontitis und proinflammatorischer Ernährung assoziiert mit systemischen Entzündungen: Eine 11-jährige Follow-up-Studie. S. Syrjäläinen, S. Männistö, E. Könönen, A.L. Suominen, U.K. Gürsoy
[2] Einfluss von Ernährungsgewohnheiten auf das Ergebnis der nicht-chirurgischen Parodontaltherapie. T.M.H. De Jong, A. Angelakis, U. Van der Velden, B.G. Loos, S. Bizzarro
[3] Auswirkungen einer 4-wöchigen Zuckervermeidung auf parodontale, systemische und psychologische Parameter. Eine unkontrollierte interventionelle klinische Studie. J.P. Woelber, L. Burkhardt, N.B. Liedtke, A. Jaehne, M. Naab, S. Bartsch, K. Vach, A. Al-Ahmad
Titelbild: Fanil – stock.adobe.com