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Omega-3-Fettsäuren in der Zahnmedizin

Omega-3-Fettsäuren in der Zahnmedizin

Fachartikel , Praxisteam

Ernährung & Supplements

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erschienen in DENTAL team

Omega-3-Fettsäuren in der Zahnmedizin: Potenzial für Parodontaltherapie und Implantologie

Omega-3-Fettsäuren sind essenzielle mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die für den menschlichen Körper unverzichtbar sind. Ihre entzündungshemmenden und immunmodulierenden Eigenschaften haben in den vergangenen Jahren zunehmende Aufmerksamkeit in der Zahnmedizin erlangt.

In der Parodontaltherapie und Implantologie eröffnen Omega-3-Fettsäuren neue therapeutische Ansätze. Dieser Artikel beleuchtet die biologischen Mechanismen, die Bedeutung von Omega-3-Fettsäuren bei entzündlichen Erkrankungen des Zahnhalteapparates sowie deren Anwendung in der klinischen Praxis.

Biologische Eigenschaften von Omega-3-Fettsäuren

Langkettige Omega-3-Fettsäuren wie Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) spielen eine zentrale Rolle in der Regulation von Entzündungsprozessen. Nach der Aufnahme werden sie in die Zellmembranen eingebaut und beeinflussen die Synthese von Eicosanoiden – hormonähnlichen Botenstoffen, die die Entzündungsreaktion steuern. Während Arachidonsäure (eine Omega-6-Fettsäure) vor allem proinflammatorische Mediatoren wie Prostaglandine und Leukotriene bildet, fördern EPA und DHA die Bildung entzündungsauflösender Substanzen wie Resolvine, Protectine und Maresine. Diese spielen eine aktive Rolle bei der Begrenzung sowie der gezielten Auflösung von Entzündungsprozessen.

Omega-3-Fettsäuren und Parodontitis

Parodontitis ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparates, die durch bakterielle Beläge und eine überaktive Immunantwort verursacht wird. Sie führt zu einem fortschreitenden Verlust von Zahnfleisch und Knochensubstanz. Studien zeigen, dass eine erhöhte Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren mit einer Verbesserung der Parodontalgesundheit assoziiert ist. Eine gezielte Supplementierung kann in der Parodontaltherapie unterstützend wirken: Klinische Studien belegen, dass Omega-3-Fettsäuren zu einer signifikanten Reduktion der Zahnfleischtaschen (Sondierungstiefen) und des Stützgewebeverlusts (Attachmentverlust) führen können.

Besonders vielversprechend scheint die Kombination von Omega-3-Fettsäuren mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (Aspirin). Diese Kombination fördert synergistisch die Bildung entzündungsauflösender Mediatoren wie Resolvine und trägt so zur Bekämpfung chronischer Entzündungen und zur Regeneration des betroffenen Gewebes bei. Eine solche ergänzende Therapie könnte das Behandlungsergebnis signifikant verbessern.

Omega-3-Fettsäuren in der Implantologie

Omega-3-Fettsäuren können auch in der Heilungsphase nach chirurgischen Eingriffen wie Zahnextraktionen oder der Implantation von Zahnimplantaten eine wertvolle Unterstützung bieten. Ihre entzündungshemmenden Eigenschaften helfen dabei, postoperative Schmerzen und Schwellungen zu lindern und die Heilung zu beschleunigen. Besonders relevant ist dies im Hinblick auf die Osseointegration von Zahnimplantaten, dem Prozess, bei dem das Implantat mit dem umgebenden Knochengewebe verwächst.

Dosierungsempfehlung: Für eine unterstützende Anwendung nach zahnärztlichen Eingriffen wird eine tägliche Dosis von 1000–2000 mg EPA/DHA empfohlen. Diese Dosis kann über Fischölkapseln oder pflanzliche Omega-3-Ergänzungen (z. B. Algenöl) erfolgen. Eine Supplementierung mindestens zwei Wochen vor und nach dem Eingriff ist ratsam, um die entzündungshemmenden und regenerativen Effekte optimal zu nutzen.

Praktische Empfehlungen:

  • Ernährungsumstellung: Eine Omega-3-reiche Ernährung kann als unterstützende Maßnahme in der Parodontalbehandlung dienen. Fettreicher Seefisch wie Lachs, Makrele oder pflanzliche Quellen wie Leinsamen und Walnüsse sind ausgezeichnete Quellen für diese wertvollen Fettsäuren.
  • Supplementierung: In Fällen, in denen die Ernährung nicht ausreichend Omega-3 liefert, empfiehlt sich die Einnahme von Fischölkapseln oder pflanzlichen Omega-3-Ergänzungen, wie Algenöl. Eine tägliche Dosis von 1000–2000 mg EPA/DHA ist in der Regel sinnvoll, sollte jedoch individuell mit einem Arzt abgestimmt werden.
  • Kombination mit Acetylsalicylsäure: Die Kombination von Omega-3-Fettsäuren mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (75 mg täglich) könnte die entzündungsauflösende Wirkung zusätzlich verstärken. Diese Therapie sollte jedoch nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, insbesondere bei Patienten mit Blutungsneigung.
  • Regelmäßige Kontrollen: Patienten, die Omega-3-Ergänzungen einnehmen, sollten in regelmäßigen Abständen zahnärztlich überwacht werden, um die Fortschritte der Parodontalbehandlung zu kontrollieren.

Wechselwirkungen mit der Mundgesundheit

Omega-3-Fettsäuren sind nicht nur für die Mundgesundheit von Bedeutung, sondern haben auch nachweislich positive Effekte auf eine Vielzahl systemischer Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und rheumatoide Arthritis. Diese Erkrankungen haben häufig direkte Auswirkungen auf die Mundgesundheit – insbesondere auf den Zahnhalteapparat.

Eine verbesserte Blutzuckerkontrolle durch Omega-3-Fettsäuren kann beispielsweise die Parodontalbehandlung bei Diabetikern unterstützen und zu besseren Behandlungsergebnissen führen. Auch bei Patienten mit rheumatoider Arthritis kann die entzündungshemmende Wirkung von Omega-3 dazu beitragen, entzündliche Prozesse im Körper zu reduzieren, was sich wiederum positiv auf das Zahnfleisch auswirkt und die Ergebnisse der Parodontalbehandlung verbessern kann. Diese Zusammenhänge unterstreichen die Notwendigkeit einer interdisziplinären Betrachtung von Allgemein- und Mundgesundheit – mit Omega-3-Fettsäuren als verbindendem Element.

Empfehlungen zur sicheren Einnahme

Für eine allgemeine gesundheitsfördernde Wirkung werden täglich 250–500 mg EPA und DHA empfohlen. Höhere Dosen von 1000–2000 mg können im Rahmen therapeutischer Maßnahmen, z. B. zur Unterstützung bei Parodontitis oder nach chirurgischen Eingriffen, sinnvoll sein. Wichtig ist jedoch die individuelle Abstimmung mit ärztlichem oder zahnärztlichem Fachpersonal.

Die Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren gilt als sicher, wenn sie in den empfohlenen Mengen erfolgt. Gelegentlich auftretende Nebenwirkungen sind meist mild und umfassen einen fischigen Nachgeschmack oder leichte gastrointestinale Beschwerden. Bei Patient:innen, die gerinnungshemmende Medikamente einnehmen, sollte vor der Einnahme ärztlicher Rat eingeholt werden, da sehr hohe Dosen die Blutgerinnung beeinflussen können.

Omega-3-Fettsäuren in Lebensmitteln

Die effektivsten Quellen für die langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA sind fettreiche Kaltwasserfische wie Lachs (besonders Wildlachs), Makrele, Hering, Sardinen und Thunfisch. Auch Austern und Forelle enthalten relevante Mengen. Pflanzliche Quellen wie Leinsamen, Chiasamen, Hanfsamen, Walnüsse und Rapsöl liefern die Omega-3-Vorstufe Alpha-Linolensäure (ALA). Diese kann vom Körper in EPA und DHA umgewandelt werden – allerdings nur in begrenztem Umfang. Daher ist insbesondere bei vegetarischer oder veganer Ernährung Algenöl eine empfehlenswerte Quelle, da es direkt DHA liefert. Zudem gibt es mit Omega-3 angereicherte Lebensmittel (z. B. Eier, Margarinen, Milchprodukte), die eine zusätzliche Ergänzung darstellen können – insbesondere bei eingeschränktem Fischkonsum.

Fazit

Die Integration von Omega-3-Fettsäuren in die zahnmedizinische Therapie eröffnet neue Möglichkeiten für eine evidenzbasierte, ganzheitliche Patientenversorgung. Ihre entzündungsauflösenden und immunmodulierenden Wirkmechanismen sind sowohl in der Parodontaltherapie als auch in der Implantologie von klinischem Nutzen. Darüber hinaus zeigen sich Wechselwirkungen mit systemischen Erkrankungen, die die Relevanz von Omega-3-Fettsäuren im zahnärztlichen Kontext zusätzlich unterstreichen. Auch wenn weitere kontrollierte Studien notwendig sind, um spezifische Dosierungen und Anwendungen zu validieren, ist es bereits jetzt sinnvoll, Patient:innen mit entzündlichen Erkrankungen der Mundhöhle über die potenziellen Vorteile einer Omega-3-reichen Ernährung oder Supplementierung zu informieren.

DH Désirée Voglau

Titelbild: © adobe Stock / airborne77

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