Newsletter

service@mgo-fachverlage.de

+49 8243 9692-0

»

»

»

Die stille Epidemie

Die stille Epidemie

Fachartikel , Praxisteam

Prophylaxe & Dentalhygiene

mg° dental

Autor

6 MIN

Anmelden zum Favorisieren

Wusstest du, dass eine Umfrage unter 1001 Personen in Deutschland alarmierende Erkenntnisse über Parodontitis zutage brachte? Unabhängig von Alter, Geschlecht und Bildung zeigt sich ein besorgniserregendes Defizit im Verständnis dieser Erkrankung und ihrer Auswirkungen auf die Mundgesundheit.

Überraschende 65,7 % der Befragten konnten nicht sagen, welche anderen Erkrankungen mit Parodontitis verbunden sind [1]. Lass uns das Bewusstsein für dieses wichtige Thema schärfen!

Stiller Verlauf und späte Diagnose

Parodontitis verläuft oft still und häufig schmerzlos, wodurch sie lange unbemerkt bleibt. Jedoch handelt es sich um eine hochprävalente, chronisch verlaufende Erkrankung, die oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird [2]. Aufgrund des schleichenden Verlaufs und der Tatsache, dass viele Betroffene Symptome nicht einordnen können, suchen einige Patienten erst dann einen Zahnarzt auf, wenn bereits ein erheblicher Gewebsverlust eingetreten ist [3].

Biofilm und seine Rolle bei entzündlichen Erkrankungen

In der gesunden Mundhöhle leben mehr als 700 verschiedene Bakterienarten, von denen die meisten zu einem intakten Ökosystem beitragen. Einige dieser Bakterien können jedoch auch eine destruktive Wirkung entfalten [2]. Die mikrobielle Besiedlung des marginalen Gingivasaums gilt als primäre Ursache für die Ätiopathogenese der Parodontitiden [3,4]. Neben der polybakteriellen Genese spielt ein komplexes Zusammenspiel aus erworbenen, angeborenen und verhaltensbezogenen Faktoren eine Rolle. Daher wird Parodontitis als multifaktoriell bezeichnet [4,5]. Eine Dysbiose zwischen dem Wirt und den Mikroorganismen kann durch verschiedene Faktoren begünstigt werden, darunter Diabetes mellitus, Nikotinabusus, genetische Veranlagung und lokale Faktoren [3]. Eine Studie aus dem Jahr 2021 konnte einen signifikanten Zusammenhang zwischen Parodontitis und Covid-19 nachweisen. Patienten mit Parodontitis hatten ein höheres Risiko für schwere Komplikationen im Verlauf einer Covid-19-Erkrankung, die tödlich enden konnten [6].

Biofilm fördert die Entstehung einer Gingivitis, während Parodontitis mit einer gestörten Mikrobiom-Zusammensetzung verbunden ist. Diese Verschiebung von einer symbiotischen zu einer dysbiotischen Flora tritt im gingivalen Sulkusbereich auf und geht mit entzündlichen Veränderungen einher. Der Verlauf und die Schwere der Parodontitis hängen maßgeblich von der immunentzündlichen Reaktion des Wirts auf den Biofilm ab. Parodontitis-verursachende Bakterien und Entzündungsmediatoren können über die Blutbahn in andere Körperbereiche gelangen und dort entzündliche Prozesse und Erkrankungen wie z. B. Atherosklerose, Diabetes mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen und rheumatoide Arthritis beeinflussen [3,4].

Bakteriämie und ihre Auswirkungen auf den Körper

Das Vorhandensein von Bakterien in der Blutbahn bezeichnet man als Bakteriämie [7]. Eine Bakteriämie kann entweder direkt oder indirekt entstehen. Beim direkten Mechanismus gelangen Bakterien aus entzündetem Zahnfleisch während des Kauens in die Blutbahn. Der indirekte Mechanismus erfolgt durch Entzündungsmediatoren, die bei chronischen parodontalen Entzündungen freigesetzt werden und im Kreislaufsystem zirkulieren [7]. Zudem können Entzündungsmediatoren ebenfalls einen Einfluss auf die Insulinrezeptoren nehmen, sodass Nicht-Diabetiker mit Parodontitis ein höheres Risiko für die Entstehung eines Diabetes haben [8]. Bei Diabetikern mit einer unbehandelten Parodontitis lässt sich der HbA1c-Wert, also der Blutzucker, schlechter einstellen [9].

Fazit

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Parodontitis eine weit verbreitete Erkrankung ist, die oft schmerzlos verläuft und erst spät erkannt wird. Ein zentrales Ziel der zahnmedizinischen Versorgung sollte es sein, die hohe Prävalenz von Parodontitis in Deutschland zu senken, indem die Bevölkerung umfassend über die Erkrankung und ihre Risikofaktoren aufgeklärt wird [3]. Ein klarer Zusammenhang zwischen Parodontitis und systemischen Erkrankungen ist mittlerweile belegt. Fakt ist, dass eine gründliche häusliche Mundhygiene entscheidend ist, um das Risiko für Parodontitis und die damit verbundenen gesundheitlichen Komplikationen zu verringern [10]. Mundhygieneinstruktionen im Rahmen der professionellen Zahnreinigung spielen eine wichtige Rolle bei der Prävention. Die Auswahl der Hilfsmittel sollte in der Zahnarztpraxis immer patientenzentriert erfolgen. Laut aktuellen Leitlinien sind Interdentalbürsten am effektivsten für die Prävention von parodontalen Erkrankungen [11,12,13]. Dazu Prof. Christoph Dörfers Fazit nach eingehender Bewertung der Optionen: „Allerdings reinigen Interdentalbürsten mit Abstand am besten.“

DH Nora-Sophie Feulner

B. Sc. Clinical Affairs Specialist TePe D-A-CH GmbH

Bei Fragen zur richtigen Anwendung von Mundhygieneprodukten kannst du uns z. B. gern auf der diesjährigen IDS besuchen. Vom 25. bis 29. März findest du TePe in Halle 5.2 I Stand B010 C029. Komm vorbei, lerne unser Sortiment kennen und stelle uns gerne all deine Fragen. Wusstest du, dass auch Mundtrockenheit eine Folge von systemischen Erkrankungen oder bestimmter Medikamente sein kann [5] ? Speichelmangel erhöht das Risiko für Karies und andere Munderkrankungen erheblich. An unserem Stand auf der IDS kannst du unser feuchtigkeitsspendendes Sortiment bei Mundtrockenheit selbst ausprobieren. Wir freuen uns auf dich!

Möchtest du deinen Patienten mehr Informationen an die Hand geben, um sie noch besser über die Zusammenhänge, die in diesem Artikel beschrieben wurden, zu informieren? Die Zeit während der Behandlungen ist aber oftmals zu knapp? Bei TePe Share bieten wir zu diesem Thema im Mai einen 15-minütigen Crashkurs für eure Patienten an. Wir freuen uns, wenn ihr diesen Crashkurs weiterempfehlt. Über diesen Link könnt ihr dazu gerne kostenlos unseren DIN A4 Flyer mit allen Anmeldeinformationen herunterladen, ausdrucken und z.B. in eurem Wartezimmer aufhängen.

Quellen:

[1] Deinzer, R., Micheelis, W., Granrath, N., & Hoffmann, T. (2009). More to learn about: periodontitis-related knowledge and its relationship with periodontal health behaviour. Journal of clinical periodontology, 36(9), 756–764. https://doi.org/10.1111/j.1600–051X.2009.01452.x

[2] Hierse,L. (2015). Parodontitis als Volkskrankheit Prävalenz, Diagnostik, Therapie und eine kritische Auseinandersetzung mit der Konstenübernahme durch die GKV. IGZ DIE ALTERNATIVE. 20 (1), S.4–10. 

[3] Dannewitz, B., Holtfreter, B., & Eickholz, P. (2021). Parodontitis–Therapie einer Volkskrankheit. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz, 64(8), 931.

[4] Dörfer, C. (2002). Parodontitis und Allgemeingesundheit. Zahnärztliche Mitteilungen, 92, (9) 38–43.

[5] Ziebolz, D. (2018). Zusammenhang zwischen Mund-und Allgemeinerkrankungen. Prophylaxe J, 6, 6–14.

[6] Marouf, N., Cai, W., Said, K. N., Daas, H., Diab, H., Chinta, V. R., Hssain, A. A., Nicolau, B., Sanz, M., & Tamimi, F. (2021). Association between periodontitis and severity of COVID-19 infection: A case-control study. Journal of clinical periodontology, 48(4), 483–491. https://doi.org/10.1111/jcpe.13435

[7] Altun, E. (2023). Evaluation des Therapie-Outcomes durch nicht-chirurgische Parodontitistherapie im Studierendenkurs und ihre Auswirkung auf die Risikobewertung (Doctoral dissertation, Staats-und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky).

[8] Demmer, R. T., Desvarieux, M., Holtfreter, B., Jacobs, D. R., Wallaschofski, H., Nauck, M., Völzke, H. & Kocher, T. D. (2010). Periodontal Status and A1C Change. Diabetes Care, 33(5), 1037–1043.

[9] Chapple, I. L. C. & Genco, R. J. (2013). Diabetes and periodontal diseases: consensus report of the Joint EFP/AAP Workshop on Periodontitis and Systemic Diseases. Journal of Periodontology, 84(4-s), S106–S112.

[10] Dommisch, H., Moter, A., & Kuzmanova, D. (2020). Parodontitis und der orale Biofilm–Von der lokalen zur systemischen Erkrankung. Parodontologie, 12.

[11] Weber, N. (2016). „Ist Zahnseide wirklich nötig?“. Spiegel. Abgerufen am 11.01.2025 von: Zahnseide: Ist die Reinigung der Zahnzwischenräume wirklich nötig? – DER SPIEGEL

[12] DG PARO (Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e.V.): S3-Leitlinie Leitlinie „Häusliches mechanisches Biofilmmanagement in der Prävention und Therapie der Gingi-vitis“: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/083–022k_S3_Haeusliches-mechanisches-Biofilmmanagement-Praevention-Therapie-Gingivitis_2021–02.pdf

[13] EFP (European Federation of Periodontology): www.efp.org/publications-education/

Weitere Beiträge zu diesem Thema

Neue Regeln für UPT: Digital unterstützt wird‘s einfacher!

Strukturierte Parodontitis-Therapie: Neue UPT-Regeln ab Juli 2025 Unsere gemeinsame Mission ist klar: Die Mundgesundheit unserer Patienten durch Prävention und eine strukturierte Parodontitis-Therapie zu erhalten oder stabilisieren. Denn Parodontitis ist eine Volkskrankheit – und die häufigste Ursache für vermeidbaren Zahnverlust, wenn sie unbehandelt bleibt. Seit dem 1. Juli 2021 ermöglicht die PAR-Richtlinie ein wissenschaftlich fundiertes, umfassendes Stufenkonzept zur Behandlung. Doch der anfänglichen Begeisterung folgte 2023 die Ernüchterung: Die Budgetierung und die komplexen Regelungen der PAR-Behandlungsstrecke führten zu Abrechnungsfehlern und großer Frustration in den Praxisteams. Zum 1. Juli 2025 treten nun längst überfällige Änderungen für die Unterstützende Parodontitis-Therapie (UPT) in Kraft. Herausforderungen

Fachartikel, Praxisteam

Beitrag lesen

Parodontitis vorbeugen: Dazwischen – Lücken, Nischen, Taschen

Europäischer Tag der Parodontologie: Interdentalpflege schützt vor Entzündungen Schon gewusst? Zahnbürsten erreichen nur 70 Prozent der Zahnoberfläche. Um auch die restlichen Flächen zu reinigen, sollten Zahnzwischenraumbürsten oder Zahnseide täglich zum Einsatz kommen. Denn je weniger Zahnbelag anhaftet, desto niedriger ist das Risiko für eine Zahnfleischentzündung. Sie kann sich zu einer Parodontitis weiterentwickeln. Laut aktueller Sechster Deutscher Mundgesundheitsstudie (DMS 6) leiden in Deutschland schätzungsweise 14 Millionen Menschen an einer schweren Parodontitis. Die fortgeschrittene Entzündung der zahntragenden Gewebe gefährdet sowohl die Zähne als auch die Gesundheit des ganzen Körpers. Zum Europäischen Tag der Parodontologie am 12. Mai rät die Initiative proDente daher,

Fachartikel, Praxisteam

Beitrag lesen

Neuer Ansatz in der Parodontitis-Vorsorge

Innovativer Ansatz bei Parodontitis: Virulenzhemmung von P. gingivalis ohne Zerstörung des Mikrobioms Parodontitis zählt zu den häufigsten chronischen Erkrankungen und erhöht das Risiko für systemische Krankheiten. Ein neuer Ansatz hemmt gezielt die Virulenz von P. gingivalis, ohne das Mikrobiom zu zerstören – ein vielversprechender Fortschritt in der Prävention und Behandlung. Die Mundhöhle beherbergt ein komplexes Mikrobiom mit über 700 verschiedenen Bakterienarten, die essenziell für die Mundgesundheit sind und zusammen analog zum Darmmikrobiom in einer Eubiose wirken [1]. Parodontitis, eine bakteriell verursachte Entzündung des Zahnhalteapparates, ist eine der häufigsten Erkrankungen weltweit: Studien zeigen, dass global jeder zehnte Mensch an einer Parodontitis

Fachartikel, Praxisteam

Beitrag lesen