„Minimalinvasive Restauration“ ist eine gern gebrauchte Wortkombination in der dentalen Community. Aber was wissen wir evidenzbasiert über diese Versorgungsformen und was sollten Praktiker dabei beachten?
Diese Fragen beantwortete die weltweit erste prothetischen Konsensuskonferenz zu minimalinvasiven Restaurationen vergangenes Jahr in Madrid aus verschiedenen Perspektiven. Die spanische Gesellschaft für Zahnärztliche Prothetik und Ästhetik (SEPES) hatte Mitte November 2024 dafür das Expertennetzwerk Progress in Science and Education with Ceramics (PROSEC) und die Schweizerische Gesellschaft für Rekonstruktive Zahnmedizin (SSRD) mit ihren Experten aus Wissenschaft, Praxis und Labor an der Zahnärztlichen Fakultät der Universität Complutense Madrid empfangen, um gemeinsame Handlungsempfehlungen für minimalinvasive Restaurationen zu erarbeiten. Die Ergebnisse sind ein Meilenstein für eine bessere Zahnmedizin. Grund genug, dass der Präsident des initiierenden Expertennetzwerks PROSEC, Prof. Dr. Florian Beuer, Ende Juni 2025 auf der 53. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Dentale Technologie e. V. (ADT) über die Konsensuskonferenz berichtete.
Expertise gegen KI-Bias
Prof. Beuer sieht die Konsensuskonferenz rückblickend als große Bereicherung: „Metaanalysen kann man heute schon ganz gut mit einer KI-Software machen. Die KI filtert heraus, was häufig in einem Fachgebiet zitiert wird und die finden sich überproportional in den Metaanalysen wieder. Die Gefahr ist also, dass die Metaanalysen immer mehr werden, ohne dass wirklich Daten nachkommen.“ So würde immer wieder auf der Basis der gleichen Daten repliziert und suggeriert, dass es neue Erkenntnisse gäbe, aber es gibt eigentlich gar nichts Neues. Deswegen hält Prof. Beuer die Expertise von Menschen mittlerweile so wichtig für die Wissensfindung, um diesen Bias der künstlichen Intelligenz auszugleichen.
Konsensuskonferenz als Erkenntnisbooster
Und genau da kommt laut Prof. Beuer eine Konsensuskonferenz ins Spiel: „Ganz viel Wissen ist nicht niedergeschrieben und deswegen auch nicht zugänglich für uns. Aus der ganzen Welt sind deswegen Experten in Madrid zusammengekommen, um die wissenschaftlichen Daten mit diesem Expertenwissen zu ergänzen. Es ist wichtig, dass die Erfahrung und die Expertise von Fachleuten in die Wissensfindung mit eingehen.“ Prof. Beuer berichtete weiter, dass auf der Basis von Reviews in drei Arbeitsgruppen sechs verschiedene Themenbereiche zu minimalinvasiven Restaurationen diskutiert, aufgearbeitet und schließlich deren Essenz formuliert wurde. Auf dieser Grundlage seien mit Hilfe der Erfahrung der Experten evidenzbasierte klinische Empfehlungen und neue Forschungsfragen definiert worden, was letztlich in einem gemeinsam verabschiedeten Konsensus-Statement mündete.

17 Arbeiten in einer PROSEC Special Edition
Um das in Madrid generierte Wissen der dentalen Community zur Verfügung zu stellen, wurde im renommierten Journal of Esthetic and Restorative Dentistry eine PROSEC Special Edition mit insgesamt 17 Arbeiten veröffentlicht.
Die Themenbereiche rund um minimalinvasive beziehungsweise noninvasive Restaurationen erstrecken sich von Versorgungen im Seitenzahnbereich über ästhetische Konzepte im Frontzahnbereich, die Anpassungsphase bei Bisshebungen bis zu Präparationstechniken und der Präzision von Intraoralscannern. Und etwas wurde Prof. Beuer durch die Konsensuskonferenz ins Bewusstsein gerückt: „Wir waren in der Vergangenheit extrem darauf fokussiert, wie gut unsere Restauration über eine gewisse Zeit funktioniert. Uns hat es relativ wenig interessiert, wie es dem Zahn darunter geht.“
Fokussierung auf den Zahn
Der Fokus sollte laut Prof. Beuer zukünftig auf dem Langzeitüberleben des Zahns liegen. Die Vorgeschichte eines Zahns sollte in Studien eine größere Rolle spielen. Der Zahn, die Restauration und der Gegenzahn müssen als Einheit gesehen werden. Das beste Material nütze nichts, wenn es den Gegenzahn kaputt mache. Die Priorität solle auf Reparierbarkeit und Erhaltbarkeit von bestehenden Restaurationen liegen. Zum Einsatz sollte immer die minimalinvasivste Variante kommen. Der Leitgedanke muss laut Prof. Beuer immer lauten: „Wie würde ich als Patient gerne versorgt werden?“. Abschließend motivierte der PROSEC-Präsident das Auditorium mit einem Zitat des Kampfkünstlers Bruce Lee, das in Madrid generierte Wissen auch anzuwenden: “Knowing is not enough, we must apply. Willing is not enough, we must do!”.
Info-Nachmittag zu den Ergebnisse der „Konsensuskonferenz minimalinvasive Restaurationen“
PROSEC lädt am 29. Oktober 2025 in Berlin ein, mehr zu den Ergebnissen der ersten Prothetik-Konsensuskonferenz zu minimalinvasiven Restaurationen zu erfahren. Auf dieser exklusiven Veranstaltung an der Charité Berlin stellt das Netzwerk die brandneuen Consensus Papers von drei Review-Gruppen vor.
Quelle: PROSEC