Schnell und präzise, einfach und ästhetisch zugleich? Dass das kein Widerspruch sein muss, zeigt dieser Fall: eine digitale Primär und -Sekundärversorgung und ästhetische Verblendung mit Verblendschalen.
Der Mensch steht immer im Vordergrund unseres Handwerks. Und doch ertappe ich mich manchmal dabei, das Gipsmodell auf meinem Arbeitstisch als eine Challenge zu sehen. Eine zahntechnische Aufgabe, die es zu lösen gilt. Aber zu wem gehören diese Zähne? Wer ist der Mensch hinter dem Modell? Was sind seine Bedürfnisse und Wünsche?
Unser Patient ist ein Mann, der eine vollständige prothetische Versorgung im Oberkiefer benötigt. Einen Transversalbügel am Gaumen kann und will er sich nicht vorstellen. Er wünscht sich eine herausnehmbare Lösung, die er einfach herausnehmen und somit selbst gut reinigen kann, die ihm aber auch das sichere Gefühl natürlicher Zähne gibt und das bei einem begrenzten Budget. Challenge accepted!
Die Entscheidung: Eine Versorgung mit neun Teleskopen und ein Sekundärgerüst, das über Friktionspassung auf den Primärkronen fixiert wird. Eigentlich ein Klassiker wäre da nicht der Anspruch an Ästhetik und perfekte Passung mit dem damit verbundenen zeitlichen Aufwand.
Warum stelle ich diesen Fall vor?
Es geht mir nicht darum, eine digitale Highend-Technologie zu präsentieren. Kein taktiler Scanner, keine gefräste Keramik. Wir haben in der technischen Umsetzung im Labor unterschiedliche analoge und digitale Techniken intelligent miteinander verknüpft und damit eine Lösung gefunden, die extrem schnell und einfach umzusetzen ist gleichzeitig aber funktional und ästhetisch hohen Ansprüchen gerecht wird. Das Ergebnis hat mich überzeugt und begeistert.
Fallbeschreibung
Die Primärkronen haben wir in diesem Fall konventionell in 1° modelliert und gegossen, auf dem Meistermodel kontrolliert und mit einem individuellem Löffel abgeformt. Die Einstellung der Friktion und Wahl der Gradeinstellung der Primärteile hat einen wesentlichen Einfluss auf das spätere Handling für den Patienten. Die Umsetzung in 0, 1 oder 2° ist individuell möglich, wobei eine 0° Fräsung handwerklich eine Meisterleistung darstellt, patientenfunktionell im Handling aber eher unvorteilhaft ist.
Fräsen und Polieren der Primärkronen
Anschließend führen wir eine konventionelle Fräsung und Politur der Primärkronen am Fräsgerät durch.
Achtung: Politur ist nicht gleich Politur! Wir wollen das Sekundärgerüst über einen CAD/CAM Prozess fertigen. Die Präzision in diesem Prozess ist so extrem hoch, dass eine Politur mit Ziegenhaarbürsten nicht empfehlenswert ist. Die Bürstenstruktur kann beim nachfolgenden CAD/CAM Prozess feinste Riefen in den Fräsflächen erzeugen. Diese würden durch die optische Bildgebung bei dem Sekundärgerüstdesign der CAD zu Unterschnitten und somit einer Einschränkung der maximal zu erzielenden Friktion führen.
Scannen der Primärteile und Fräsen des Sekundärgerüsts
Als nächsten Schritt werden die Primärteile mit Scanspray hauchdünn mattiert und mit dem 3shape E3 Scanner gescannt. Die taktile Abtastung ist hier nicht zwingend notwendig, da heutige dentale Scanner eine extrem hohe und somit ausreichende Auflösung erzeugen. Nach Kontrolle der Scanoberfläche wird das Sekundärgerüst digital modelliert und anschließend in der cara Mill 3.5L aus dima Mill CoCr solid gefräst. Hier wenden wir bereits seit Jahren sehr erfolgreich den non-taktilen Teleskopworkflow der Kulzer GmbH an.Der perfekt abgestimmte Workflow von CAD und CAM mit der intelligenten Frässtrategie ermöglicht uns die einfache Fertigung von 1, 2 aber auch 0° Gerüsten und das ohne Unterschied in Aufwand und Präzision.
Feinjustieren der Friktion
Durch die richtige Gestaltung und mit den passenden Einstellparametern in der CAD Software weisen die Gerüste in der Regel bereits im ersten Fräsvorgang eine hervorragende Passung auf.
Achtung: Zur Friktionskontrolle und -einstellung von Primärkronen und Sekundärgerüst bleibt die CoCr-Disc im Blankhalter eingespannt (über das Nullpunktspannsystem einfach aus dem Gerät zu entnehmen und exakt zu repositionieren).
Nur so besteht die Möglichkeit, die zielgenaue und gewünschte finale Friktion des Sekundärgerüsts Zahn um Zahn und µm um µm nachzufräsen bis zur perfekten Passung.
Von dieser wiederholbaren Präzision können wir im analogen Prozess nur träumen. Ganz zu schweigen von der Geschwindigkeit.
Von der Funktion zur Ästhetik
Als einfachen, schnellen und kostengünstigen Weg zu einer ästhetischen Lösung sehe ich den Einsatz von PalaVeneers.
Wir fertigen einen klassischen Vorwall aus Knetsilikon. Und führen eine Aufstellung mit PalaVeneers durch. Das NEM Sekundärgerüst wird mit Signum Universal Bond und Opaquer versehen. Wir kleben die Verblendschalen in den Vorwall ein und befestigen sie mit PalaVeneer Kunststoff.
Nach dem Ausarbeiten der Pala Veneers werden die Verblendungen wie gewohnt poliert. Der Freiendanteil wird mit PalaXpress Pink ergänzt. Fertig! Ich kenne keinen einfacheren und schnelleren Weg zu einem ästhetisch und funktional perfekten Ergebnis. Auf Wunsch oder bei Bedarf ist eine individuelle Charakterisierung mit Signum CreActive ebenso möglich.
Fazit
Diese Vorgehensweise funktioniert durch ein perfektes Zusammenspiel aller Materialien und Techniken und durch den hervorragenden Support des Kulzer-Teams. Wenn es drauf ankommt ist ein technischer Ansprechpartner vor Ort.
So kommen wir schnell zu einem schönen und perfekt sitzenden Ergebnis. Da die Sekundärstruktur ausschließlich mit der Fräsmaschine gefertigt wird, erreichen wir eine perfekte Passung eine immer gleichbleibende perfekte Passung! Wir sind nicht mehr abhängig vom handwerklichen Geschick und der Tagesform des Technikers oder von der Einbettmasse. Und die Pala Veneer Technik ist für mich das Sahnehäubchen eine schnelle und ästhetisch schöne Sache. Was fasziniert mich an dieser Technik? Alles. Aber vor allem: dass ich mit dem vorhandenen technischen Equipment von CAD Scanner, CAM und Fräsmaschine eine enorme Zeitersparnis habe. Gegenüber früheren Techniken sparen wir ungefähr die Hälfte der Zeit ein. (Über die Passungsprobleme beim Lasern und Löten und über die Lunkerproblematik müssen wir gar nicht erst reden.) Time is Money. Less Time is more Money! Wir sparen eine Menge Zeit, die wir an anderer Stelle gewinnbringend einsetzen können. Oder einfach nur die freie Zeit genießen.
Und unser Patient?
Er ist begeistert vom perfekten Sitz und der natürlichen Ästhetik seiner neuen Zähne. Win-Win würde ich sagen
Verwendete Technik und Materialien | |
Technik Digital | CoCr Sekundärgrüst |
Technik Analog | CoCr Primärteile, Verblendschalen |
Materialien | dima Mill CoCr solid, Signum Universal Bond, Signum Opaquer, Pala Veneer Verblendschalen, Pala Veneer Kunststoff, Pala Xpress, Knetsilikon K-SIL A85 Relieve, OctaRock Royal, Poliermittel Fegupol 8059 |
Geräte | 3shape E3 Scanner, caraMill 3.5L, Palamat Premium |
Vita
Heiko Schwarz hat 1999 seine Ausbildung zum Zahntechniker in Bayreuth abgeschlossen. 2009 absolvierte er in Frankfurt die Meisterprüfung. Heiko Schwarz bildete sich in Bayreuth bei der Firma dental-house.DE/SIGN fort und leitet dort inzwischen den Laborbereich, neben seiner Expertise im CAD/CAM Bereich.