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Präventive Patientenbetreuung im Fokus

Präventive Patientenbetreuung im Fokus

Fachartikel , Praxisteam

Prophylaxe & Dentalhygiene

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Trotz weiter steigender Corona-Zahlen konnte Ende November die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) in Göttingen im Hybridformat stattfinden – natürlich mit umfassendem Hygienekonzept. Ein Bestandteil des Programms war ein Symposium der DGDH mit vier spannenden Vorträgen. Im Vordergrund stand die präventive Patientenbetreuung.

Zum Auftakt fragte Prof. Dr. Dirk Ziebolz, Leipzig, die anwesenden Prophylaxe-Fachkräfte, ob „das, was wir tun, eigentlich noch zeitgemäß ist?“. Anhand verschiedener individueller Patientenfälle zeigte er deutlich, dass aktuelle Präventionskonzepte nicht das beinhalten, was benötigt würde. Denn der Biofilm sei nicht mehr das alleinige Problem. Insbesondere bei parodontal erkrankten Patienten ist das Immunsystem ursächlich für die Problematiken. „Wir müssen die Patienten ursachenbezogen anders bewerten, als wir es viele Jahre lang gemacht haben“, sagte Ziebolz. Dazu sei es nötig, das Schubladendenken abzulegen und für eine spezifische Spezialisierung der präventiven Betreuung der Patienten zu sorgen. An der Uniklinik Leipzig haben Ziebolz und seine Kolleg:innen ein System entwickelt, um bei den Patienten Risiken und präventiven Bedarf festzustellen und daraus mit einem Ampelsystem eine kontrollierte, individuelle Prävention anwenden zu können. Hier müsse der Zahnarzt auch wieder mehr Verantwortung in der Risikoermittlung übernehmen, betonte Ziebolz. Denn die ausführliche Diagnostik sei die Grundvoraussetzung für das Konzept und dies nun einmal eine zahnärztliche Aufgabe. „Präventive Patientenbetreuung ist Teamsache und sollte nicht auf die Schultern der Prophylaxefachkräfte geschoben werden“, sagte Ziebolz.

Präventive Patientenbetreuung in der Praxis

Aber was bedeutet das konkret für die Praxis? Das Leipziger Konzept sieht eine allgemeine plus eine spezielle Anamnese sowie eine Basisdiagnostik (kann bedarfsgerecht angepasst werden) vor. Daraus entstehe dann ein Risiko- und Bedarfsprofil für den Patienten. Ziebolz: „Für uns ist die Anamnese und Befunderhebung entscheidend. Dabei sollte man sich wirklich Zeit nehmen, um die Umstände des Patienten zu verstehen.“ Durch zielgerichtete Fragen wird das Risiko des Patienten ermittelt. Eine digitale Umsetzung dieses Präventionskonzepts sei auch bereits in Planung. „Damit stellen wir den Patienten wieder in den Mittelpunkt.“ PD Dr. Gerhard Schmalz, ein Ziebolz-Kollege aus Leipzig, stellte anschließend die Inhalte des Anamnesebogens innerhalb dieses Präventionskonzepts vor. Er zeigte, dass komplexe Patientenfälle eben auch zu komplexen Herausforderungen für die Praxis führen würden (Strahlenpatienten, Diabetiker, Raucher, Medikation oder mehrere dieser Faktoren). In dem Anamnesebogen steht eine Vielzahl bekannter Allgemeinerkrankungen inklusive der möglichen Komplikationen, oralen Manifestationen, Begleitsymptome der Medikation sowie Behandlungsempfehlungen. In der Anamnese tauchen aber nicht nur Allgemeinerkrankungen auf. Auch Lebensgewohnheiten der Patienten werden abgefragt.

Risikofaktor Rauchen

Im Anschluss zeigte PD Dr. Philipp Sahrmann aus Basel Präventivkonzepte zur Vermeidung periimplantärer Erkrankungen. Die wichtigste Person für die periimplantäre Situation sei die Prophylaxe-Fachkraft. „Sie achten darauf, dass alles gesund bleibt.“ Risikofaktoren beim Patienten seien die Mundgesundheit, Rauchen und allgemeine medizinische Faktoren. Bakterien seien das große Problem – genauer: die Entzündungsreaktionen im Biofilm. Problematisch wird es beim Risikofaktor Rauchen. Keiner lasse sich dabei gerne reinreden. Diese Gespräche seien unangenehm, aber laut Sahrmann wichtig. Das Problem seien die Tabakzusatzstoffe, sie würden das Risiko für Periimplantitis enorm steigern. Ein Raucher, bei dem ein Knochenaufbau am Implantat geplant sei, habe ein 20-fach erhöhtes Risiko für Periimplantitis. Es sei allerdings auch bekannt, dass 53 Prozent der Raucher gerne aufhören würden. „Wie man es anspricht, ist weniger wichtig als dass man es anspricht“, betonte Sahrmann.

Präventive Patientenbetreuung bei Erosionen

Ebenfalls relevant sei der Zugang zur mechanischen Reinigung sowie die Reinigung am Implantat selbst. Dabei seien Kunststoffküretten keine Lösung, auch Titan sei nicht schonend genug. Deshalb empfiehlt Sahrmann Pulver-Wasserstrahl mit wenig abrasivem Pulver wie Glycin oder Erythritol. Leider reinige keine der Methoden perfekt: „Aber Pulverstrahl macht zumindest die Oberfläche des Implantats nicht kaputt.“ Außerdem funktioniere die nicht-chirurgische Periimplantitistherapie – insbesondere vor der chirurgischen Therapie, da es eine kurzzeitige Entzündungsresolution gebe: geringere Blutung, erleichterte Lappenbildung, erleichterte Naht, stabilere Wunde durch Gewebestraffung. Zum Abschluss des DGDH-Symposiums gab Prof. Dr. Nadine Schlüter, Freiburg, Tipps für den Umgang mit Patienten, die sich mit Erosionen plagen. Zunächst einmal sei es für diese Patientengruppe eine gute Möglichkeit, saure mit kalziumhaltigen Lebensmitteln zu kombinieren (z.B. Obstsalat mit Quark, Joghurtdressing oder Buttermilch). Auch ein Blick auf die Gewohnheiten der Patienten würde sich lohnen. Diese würden oftmals mit Softdrinks im Mund spülen. [su_slider source=”media: 20688,20687,20686,20685″ limit=”10″ width=”400″ pages=”no” loop=”no” speed=”0″]

Sekundäre Prävention

Generell sei eine Primärprävention kaum möglich, da es keine sehr hohe Prävalenz in der Bevölkerung für Erosionen gebe. Für antierosive Therapeutika kämen eher Personen mit erhöhtem Risiko in Frage, etwa bei Essstörungen mit chronischem Erbrechen, Refluxerkrankungen, besonderen Ernährungsformen oder zu hohem Konsum von Erfrischungsgetränken. „Wir beschäftigen uns eher mit der sekundären Prävention, wenn wir initiale Zeichen der Erosion entdecken“, erklärte Schlüter. Dann gelte es zunächst, die Säurequelle zu identifizieren. Dabei helfe eine sorgfältige Anamnese, ein Ernährungsprotokoll über mindestens fünf Tage einschließlich des Wochenendes (auch Getränke, Zwischenmahlzeiten, Süßigkeiten etc.) sowie eine Abklärung mit dem Haus- bzw. Facharzt. Darauf folge die kausale Therapie mit Ernährungsberatung, Reduzierung des Konsums saurer Nahrungsmittel, Vermeidung von Spülen mit Getränken und Bevorzugung der Kombination saurer Lebensmittel mit Kalzium. Für die häusliche Mundhygiene empfiehlt die Expertin zinnhaltige Mundspüllösungen bei starken Erosionen sowie eine Zahnpasta mit den Inhaltsstoffen Zinn und Fluorid. „Diese Kombination ist am wirksamsten.“

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