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Warum die Interdentalraumpflege so wichtig ist

Warum die Interdentalraumpflege so wichtig ist

Fachartikel , Praxisteam

Prophylaxe & Dentalhygiene

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Zahnbürste, Interdentalbürsten oder doch Dental-Sticks? Ausreichend Hilfsmittel für die Interdentalraumpflege gibt es. Warum dieser Bereich von vielen Patienten nur selten beachtet wird und warum er aber so wichtig für die Prophyalxe ist, erklärt Euch die Expertin DH Heike Wilken.

Die Interdentalraumpflege hat keinen leichten Stand. Plaque ist ein wichtiger ätiologischer Faktor für die Entstehung von Karies, Gingivitis und Parodontitis. Die Entfernung der Plaque aus den Zahnzwischenräumen spielt hierbei eine entscheidende Rolle und trägt maßgeblich zum Erhalt der Mundgesundheit bei. Folgender Beitrag gibt eine Übersicht der unterschiedlichen Hilfsmittel zur Interdentalraumreinigung.

Entzündungen in der Lücke

Aber warum sind die Interdentalräume denn eigentlich so wichtig für die Prophylaxe? Bei der Entstehung entzündlicher Prozesse am Zahn seien vor allem Biofilme beteiligt, weiß Expertin Heike Wilken, Dentalhygienikerin und Praxistrainerin aus der Praxis Dr. Schulte, Praxis für mikroskopische Zahnerhaltung und Parodontologie in Emsdetten. Weitere modifizierende Faktoren würden ebenfalls eine wichtige Rolle spielen – wie die individuelle Immunabwehr, der Einfluss systemischer Erkrankungen sowie Verhaltens- und Umgebungsfaktoren. Sie bestimmen letztendlich die individuelle Krankheitsausprägung mit. „Daher ist es wichtig, mit dem Patienten von Anfang an die Notwendigkeit der Zahnzwischenraumreinigung genau zu besprechen“, weiß Wilken. Leider – und dieses Problem kennen viele Kolleginnen von der eigenen häuslichen Mundhygiene – sind Interdentalräume Bereiche, die schwierig zu reinigen sind. „Ich erkläre das gerne am Beispiel aus dem täglichen Leben. Wer schon mal eine Fleischfaser oder andere Essensreste zwischen den Zähnen stecken hatte, kann diese nur mühselig und nur mit geeigneten Hilfsmitteln entfernen“, erzählt Wilken. Dieses einfache Beispiel aus dem täglichen Leben führe den Patienten vor Augen, dass Nahrungsreste und der darauf aufgelagerte Biofilm für jeden Interdentalraum eine willkommene ökologische Nische seien. Denn die selbstreinigende Wirkung von Zunge und Wange, auch in Kombination mit dem Speichel, sei im Interdentalraum reduziert. Wilken: „Bei oder nach einer parodontalen oder periimplantären Erkrankung ist aufgrund des Zahnfleischrückganges die Situation zusätzlich erschwert, vor allem wenn diese Erkrankungen mit einem Papillenverlust und Rezessionen einhergehen.“ Von daher sei es wichtig, diese Bereiche intensiv zu reinigen.

Üben, üben, üben!

Bestimmte Besonderheiten gebe es allerdings bei Implantaten. Denn diese unterscheiden sich in ihrer Verankerung im Kieferknochen wesentlich vom natürlichen Zahn, der über dem Wurzelzement und die parodontalen Fasern im Kiefer gehalten werde. Die Titanschraube verwächst hingegen direkt mit dem Kieferknochen. Am Implantat gebe es zudem weniger Blutgefäße und Fibroblasten als am natürlichen Zahn, weiß Wilken. Auch das Narbengewebe um das Implantat unterscheide sich von der Gingiva am Zahn: „Der Abschluss zwischen dem periimplantären Weichgewebe und dem Implantatabutment ist nicht so dicht, wie es beim parodontalen Bindegewebe der Fall ist.“ Biofilme haben auf Implantatoberflächen zudem ein erhöhtes pathogenes Potenzial. „Bewährt haben sich bei Implantatpatienten die Interdentalbürstchen“, sagt Wilken. Denn die Bürstchen seien einfach zu handhaben. Zusätzlich empfiehlt die Dentalhygienikerin ihren Implantatpatienten eine spezielle Zahnseide für Implantate, um auch den periimplantären Sulkus zu reinigen. „Wichtig ist es, mit den Patienten gemeinsam die Anwendung des Flossings zu üben!“

Hilfsmittel zur Interdentalraumpflege individuell abstimmen

Für alle Patientengruppen gebe es eine Vielzahl von Hilfsmitteln für die Interdentalraumpflege. Angefangen bei der einfachen Zahnseide bis hin zu Interdentalraumbürsten und sogenannten Elastomere-Sticks. Alle diese Hilfsmittel hätten Vor- und Nachteile. Das Wichtigste für Wilken ist, dass die Produkte individuell auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse des Patienten angepasst werden müssen und die Patienten in der richtigen Verwendung der Hilfsmittel instruiert werden müssen. Eine ganz entscheidende Rolle spiele zudem die Adhärenz bei der Verwendung der Hilfsmittel für die Interdentalraumpflege. „Es ist wichtig, dass der Patient von Beginn an mit in das Behandlungs- und Erhaltungskonzept einbezogen wird und Eigenverantwortung für den Behandlungserfolg übernimmt. Nur ein gut aufgeklärter und überzeugter Patient, der die Notwenigkeit der Interdentalraumpflege versteht und akzeptiert, wird dauerhaft mitarbeiten“, betont Wilken. Daher ist es Wilken sehr wichtig, die Hilfsmittel für die Patienten individuell herauszusuchen. Wichtig sei es auch, nach Alternativen zu suchen, sollte ein Patient mit den Empfehlungen nicht zurechtkommen. Es sei auch von großer Bedeutung, dass der Patient wisse, wie er seine Zwischenräume reinigen müsse. Generell gebe es aber kein Wundermittel und keine Zauberformel für eine perfekte Mundhygiene und die Interdentalraumpflege. Wilken: „Wichtig ist, dass man individuell auf die Situation eingeht und die Hilfsmittel anpasst. Zeit und Empathie sind wichtige Erfolgsfaktoren. Die Erfolge müssen immer wieder überprüft und die Maßnahmen individuell angepasst werden.“

Chemisches Biofilmmanagement

Oftmals haben die Patienten allerdings Probleme beim Verwenden der Hilfsmittel für die mechanische Reinigung des Interdentalraums. Das chemische Biofilmmanagement ist daher ein wichtiger Baustein in der häuslichen Mundhygiene geworden. Das gelte laut Wilken indikationsbezogen und vor allem nur für Risikogruppen. Das sind vor allem Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, körperlichen oder geistigen Einschränkungen (z.B. Pflegebedürftige), medikamentierte Patienten (z.B. Chemotherapie/Bestrahlung) oder Patienten mit mechanisch so schwer zugänglichen Bereichen, dass kein effektives Biofilmmanagement möglich ist. Laut der veröffentlichten S3-Leitlinie „Die Behandlung von Parodontitis Stadium I bis III“ können antimikrobielle Wirkstoffe ergänzend „als Teil des personalisierten Therapieansatzes erwogen werden.“ Dabei „sollten Produkte gewählt werden, die Chlorhexidin, ätherische Öle oder Cetylpyridiniumchlorid enthalten.“

Kinder leicht zu gewöhnen

Bei der eigentlich „schwierigen“ Patientengruppe der Kinder sei es übrigens relativ einfach, diese an Zahnseide zu gewöhnen. „Ein paarmal zusammen geübt, stellt die Zahnzwischenraumreinigung mit Zahnseide kein Problem dar“, erzählt Wilken. Bei den Senioren gehöre eine altersgerechte Zahnputztechnik sowie altersgerechte Hilfsmittel dazu. Eine Alternative zu Zahnseide oder Interdentalraumbürstchen ist für Wilken bei motorisch eingeschränkten Patienten Sonicare Airfloss Ultra. Aber auch hier gelte: Welche Hilfsmittel für den Patienten geeignet sind, müsse immer individuell entschieden werden!

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