Für die Rekonstruktion der Kaufläche benötigen wir neben der statischen auch die dynamische Okklusion. Fehler in diesem Bereich führen bei der Herstellung von Zahnersatz dazu, dass dieser entweder zu niedrig oder zu hoch ist. Ist er zu niedrig, führt das zu einer Korrektur oder Neuanfertigung. Ist der Zahnersatz zu hoch, muss im Mund eingeschliffen werden. Die Autoren beschreiben eine Möglichkeit, solche Korrekturen so gering wie möglich zu halten. Sie erläutern, wie man Werte für die Artikulatorprogrammierung generiert, um die dynamische Okklusion bei der Rekonstruktion wiederherzustellen. Zudem erklären sie, wie man dynamische Registrate am Patienten nimmt, welche Unterlagen noch benötigt werden, wie die dynamischen Registrate im Labor ausgewertet und in einem Registrierprotokoll archiviert werden. Der Patientenfall am Ende des Beitrags veranschaulicht zudem, warum die dynamische Okklusion in der Rekonstruktion so wichtig ist.
In sechs Schritten zur präzisen Artikulatorprogrammierung
Die möglichen Abweichungen in der dynamischen Okklusion eines unteren ersten Molaren, bezogen auf die Modelllage im Artikulator, der sagittalen Kondylenbahnneigung und dem Bennett-Winkel wurden von Pröschel et al. untersucht. Positive oder negative Abweichungen in der dynamischen Okklusion eines unteren ersten Molaren können sich bis zu 780?µm und mehr addieren, wenn im Artikulator mit falschen dynamischen Werten rekonstruiert wird [3].
Für die Artikulatorprogrammierung mit dynamischen Registraten benötigt man von zahnärztlicher Seite:
Präzisionsabformung des Ober- und des Unterkiefers
- Gesichtsbogen
- Habitueller Biss
- Protrusionsregistrat
- Lateralregistrat nach rechts
- Lateralregistrat nach links
- Präzisionsabformung des Ober- und
- des Unterkiefers
Für die Präzisionsabformung verwenden wir individuelle Löffel und das Abformmaterial Impregum Penta Soft. Besonders bei der Unterkieferabformung (Abb.1) ist es wichtig, in der Abbindephase den Unterkiefer wieder so weit wie möglich zu schließen, um eine Verwindung der Unterkieferspange durch den Muskelzug zu verhindern. Nur so erhalten wir später ein Modell, das die Mundsituation exakt abbildet.
Gesichtsbogen
Der Gesichtsbogen überträgt die Modelllage arbiträr in den Artikulator. Er sollte beim horizontal liegenden Patienten angelegt und abgegriffen werden (Abb.2), um Ungenauigkeiten, die aufgrund des Eigengewichts des Gesichtsbogens entstehen können, zu vermeiden. Außerdem sollte das Gelenk des Gesichtsbogens möglichst stabil sein und fest angezogen werden, damit sich beim Transport nichts verändert. Die möglichen Abweichungen in der dynamischen Okklusion eines unteren ersten Molaren bezogen auf die Modelllage im Artikulator wurden von Pröschel et al. untersucht. Der positive oder negative Fehler in der dynamischen Okklusion eines unteren ersten Molaren kann bis zu 180?µm betragen [ 3].
Habituelles Bissregistrat
Das habituelle Bissregistrat sollte beim aufrecht sitzenden Patienten angefertigt werden. Als Material verwenden wir ein handelsübliches Kartuschensystem (Abb.3 und 4). Hinsichtlich ihrer Reproduzierbarkeit lassen sich auch mehrere habituelle Bissregistrate miteinander vergleichen, indem man die Impressionen identifiziert. Diese zeigen dem Techniker, wo bei den einartikulierten Modellen die Kontaktpunkte für die statische Okklusion erreicht werden sollten (Abb.5).
Protrusionsregistrat
Die drei dynamischen Registrate: Protrusionsregistrat, Lateralregistrat nach rechts und Lateralregistrat nach links werden für die spätere Auswertung der dynamischen Okklusion im Artikulator benötigt. Dafür verwenden wir eine doppelte Beauty-Pink-Wachsplatte, in deren Mitte sich eine dünne Zinnfolie befindet. Die Platten werden erwärmt, u-förmig gebogen und im Molarenbereich zweimal umgeklappt. Bei allen drei Registraten ist darauf zu achten, dass der Kiefer eine Bewegung von etwa 5?mm ausführt. Dieser Weg lässt sich im Artikulator gut auswerten und ergibt einen repräsentativen Wert für die Unterkieferbewegung.
Beim Protrusionsregistrat (Abb.6) wird die vorgeformte Wachsplatte u-förmig gebogen und im Molarenbereich zweimal umgeklappt. Die Patientin schließt im vorgestellten Fall den Unterkiefer protrudiert, sodass die Schneidezähne aufeinandertreffen. Dann lässt man das Registrat leicht im Mund erkalten, entnimmt es und setzt es auf die Situationsmodelle um. Zwischen den Situationsmodellen des Ober- und des Unterkiefers erkaltet das Protrusionsregistrat komplett.
Mithilfe des Protrusionsregistrats wird im Artikulator die sagittale Kondylenbahnneigung des rechten und des linken Kiefergelenks ermittelt. Die mögliche Abweichung in der dynamischen Okklusion eines unteren ersten Molaren, bezogen auf die sagittale Kondylenbahnneigung, wurde von Pröschel et al. 1978 untersucht. Die positive oder negative Abweichung in der dynamischen Okklusion eines unteren ersten Molaren kann bis zu 500 µm betragen [3].
Lateralregistrat nach rechts
Beim Lateralregistrat nach rechts (Abb.7) wird die vorgeformte Wachsplatte u-förmig gebogen, im Molarenbereich zweimal umgeklappt, und die Patientin schließt im vorgestellten Fall lateral nach rechts, sodass ihre Eckzahnspitzen Kontakt haben. Man lässt das Registrat leicht im Mund erkalten, entnimmt es und setzt es auf die Situationsmodelle um. Zwischen den Situationsmodellen des Oberkiefers und des Unterkiefers erkaltet das Lateralregistrat nach rechts komplett. Mithilfe des Lateralregistrats nach rechts werden im Artikulator der Bennett-Winkel und der Immediate Side Shift (ISS) des linken Kiefergelenks ermittelt. Die möglichen Abweichungen in der dynamischen Okklusion eines unteren ersten Molars, bezogen auf den Bennett-Winkel, wurden untersucht. Die positive oder negative Abweichung in der dynamischen Okklusion eines unteren ersten Molaren kann bis zu 100?µm betragen [3].
Lateralregistrat nach links
Beim Lateralregistrat nach links (Abb.8) wird die vorgeformte Wachsplatte u-förmig gebogen, im Molarenbereich zweimal umgeklappt, und die Patientin schließt im vorgestellten Fall lateral nach links, und zwar wieder so, dass ihre Eckzähne in Kontakt sind. Man lässt das Registrat leicht im Mund erkalten, entnimmt es und setzt es auf die Situationsmodelle um. Zwischen den Situationsmodellen des Oberkiefers und des Unterkiefers erkaltet das Lateralregistrat nach links komplett.
Mithilfe des Lateralregistrats nach links werden im Artikulator der Bennett-Winkel und der Immediate Side Shift (ISS) des rechten Kiefergelenks ermittelt. Die möglichen Abweichungen in der dynamischen Okklusion eines unteren ersten Molaren bezogen auf den Bennett-Winkel wurden von Pröschel et al. untersucht. Die positive oder negative Abweichung in der dynamischen Okklusion eines unteren ersten Molaren kann bis zu 100?µm betragen [3].
Die zahnärztlichen Unterlagen, also die Präzisionsabformung des Oberkiefers und des Unterkiefers, der Gesichtsbogen, ein habituelles Bissregistrat, das Protrusionsregistrat sowie das Lateralregistrat nach rechts und Lateralregistrat nach links, werden zur Modellherstellung, -montage und Auswertung der dynamischen Registrate in das zahntechnische Labor gesandt (Abb.9).
Laborarbeiten
Für die Auswertung der dynamischen Registrate im Labor benötigen wir:
- einen Artikulator
- ein Ober- und ein Unterkiefermodell
- die Unterlagen aus der Zahnarztpraxis (unter Punkt 1 genannt)
- ein Registrierprotokoll
Die in der Praxis angefertigten Präzisionsabformungen werden mit Superhartgips Typ 4 (DIN EN ISO 6873) ausgegossen und Präzisionsmodelle hergestellt. Um den Modellfehler möglichst klein zu halten, verwenden wir, entgegen der in der ISO-Norm erlaubten größeren Expansion, Typ-4-Gips mit einer Gesamtexpansion unter 0,1?Prozent nach 24 Stunden.
Auswahl und Vorbereiten des Artikulators
Die Auswertung der dynamischen Registrate erfolgt in einem Protar evo 7 Artikulator (KaVo) (Abb.10 und 11). Dieser Artikulator verfügt über Einstellmöglichkeiten der Gelenke für die sagittale Kondylenbahnneigung, den Bennett-Winkel, den ISS und eine Retrusion von 1?mm. Der Artikulator ist sehr stabil gebaut und verfügt über eine exzellente Zentrikverriegelung. Grundsätzlich lassen sich dynamische Registrate auch in anderen Artikulatoren auswerten, wenn sie über die entsprechenden Einstellmöglichkeiten verfügen.
Vorbereiten und Montieren der Modelle
Das Oberkiefermodell wird mithilfe der Bissgabel und eines zum KaVo-System gehörenden Transferstands in den Artikulator gesetzt. Dieser Transferstand sichert die mit dem Gesichtsbogen abgenommene Position der Oberkieferzahnreihe zur arbiträren Achse und zur verwendeten Bezugsebene, hier der Camperschen Ebene. Das Oberkiefermodell ist über eine Magnet-Splitcast-Platte mit dem Artikulator sicher verbunden (Abb.12).
Um das Unterkiefermodell präzise gegen das Oberkiefermodell zu montieren, muss zunächst das habituelle Bissregistrat bearbeitet werden. Dazu werden alle Anteile entfernt, die im Mund Kontakt mit der Gingiva hatten. Zusätzlich entfernen wir alle Anteile, die tief in die Fissuren und Interdentalräume hineinreichen.
Auch an den Modellen werden mögliche Ungenauigkeiten wie Gipsperlchen oder Ähnliches eliminiert. Ziel ist es, die Mundsituation der Patientin möglichst genau in den Artikulator zu übertragen. Dazu zählt vor allem die Okklusion. Sollte durch die vorhandene Verzahnung die habituelle Position des Unterkiefers zum Oberkiefer eindeutig fixiert werden können, kann auf das habituelle Bissregistrat zur Montage verzichtet werden. Trotzdem benötigen wir das habituelle Bissregistrat als Okklusionsprotokoll. Damit wird präziser als bei einem Shimstock-Protokoll gleichzeitig die komplette statische Okklusion dreidimensional abgebildet. Nach der Modellmontage möchten wir die Kontakte aus dem Mund der Patientin im Artikulator wiederfinden. Diesen Kontrollschritt nennen wir Okklusionskontrolle. Erst danach beginnen wir mit der Auswertung der dynamischen Registrate (Abb.13 bis 17).
Auswertung der Registrate im Artikulator
Zur Auswertung der dynamischen Registrate wird zunächst der Artikulator vorbereitet. An den Kondylengehäusen werden alle Einstellbereiche weit geöffnet, das heißt, der Bennett-Winkel wird auf >?30° eingestellt, der ISS auf 1,5?mm und das Retrusionsrädchen auf 1?mm. Das Zentrikschloss wird geöffnet.
Das Protrusionsregistrat wird vorbereitet, indem auch bei ihm alle Anteile, die Kontakt zur Gingiva hatten, mit dem Skalpell entfernt werden. Das sind vor allem posteriore Anteile. Im nächsten Schritt wird die Passung des Registrats auf den Modellen vorsichtig überprüft. Gegebenenfalls kann das Registrat dazu vorsichtig mit handwarmem Wasser erwärmt werden.
Das Protrusionsregistrat wird auf das Unterkiefermodell gesetzt und das Oberkiefermodell vorsichtig in die Impressionen des Registrats. Anschließend führen wir das Artikulatoroberteil vorsichtig in den Splitcast des Modells, wobei zunächst die Kondylengehäuse über die Kondylen geführt werden, bevor der Magnet das Artikulatoroberteil in den Splitcast zieht. Die Kondylengehäuse und die Kondylen werden dabei möglichst drucklos zusammengeführt, damit die Impressionen des Protrusionsregistrats nicht verändert werden (Abb.18).
Anschließend wird mit einer Hand das Artikulatoroberteil mit dem Modell auf dem Registrat fixiert und mit der anderen Hand das Kondylengehäuse gedreht, bis es die Kondylen berührt. Diese Position wird verriegelt, der Wert wird abgelesen und im Registrierprotokoll notiert. Mit dem anderen Gelenk des Artikulators wird ebenso verfahren. Auch dieser Wert wird im Registrierprotokoll notiert (Abb.19 und 20).
Für die untersuchten Kondylenbahnneigungen gilt: Die Werte der sagittalen Kondylenbahnneigung liegen zwischen 32° und 80° zur Frankfurter Horizontalen. Die maximale Differenz der sagittalen Kondylenbahnneigung zwischen rechtem und linkem Kiefergelenk kann bis zu 40° betragen [5].
Für die Auswertung des Lateralregistrats nach rechts werden das Registrat und der Artikulator, wie für das Protrusionsregistrat beschrieben, vorbereitet. Das Lateralregistrat nach rechts wird auf das Unterkiefermodell gesetzt und das Oberkiefermodell vorsichtig in die Impressionen des Registrats. Anschließend führen wir das Artikulatoroberteil vorsichtig in den Splitcast des Modells, wobei zunächst wieder die Kondylengehäuse über die Kondylen geführt werden, bevor der Magnet das Artikulatoroberteil in den Splitcast zieht. Die Kondylengehäuse sollen in dieser Position keinen Druck auf die Kondylen des Artikulators ausüben, damit die Impressionen des Lateralregistrats nicht verändert werden (Abb.21).
Für die Auswertung wenden wir uns zunächst der Arbeitsseite, also dem rechten Gelenk, zu. Aus den möglichen Bennettbewegungsrichtungen werden wir mit dem Lateralregistrat nur den retrusiven Anteil abgreifen und notieren. Dazu halten wir mit einer Hand das Artikulatoroberteil mit dem Modell auf dem Registrat fixiert und drehen mit der anderen Hand das Retrusionsrädchen schrittweise und vorsichtig Richtung null, bis der hintere Anschlag des Gehäuses die Kondylenkugel berührt oder die Nullstellung erreicht ist. Sollte eine Retrusion